Die sieben Leben des Saddam Hussein

Wer sich gründlich über die politischen und militärischen Hintergründe des Irakkonflikts informieren will, sollte diese Bücher lesen

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Überblick

Wer einen kurzen Überblick über die Geschichte des Irak im vergangenen Jahrhundert sucht, sollte zu dem Bändchen „Schauplatz Irak“ von Peter Heine greifen. Gerade Leser ohne Vorkenntnisse kommen hier auf ihre Kosten. Die Umstände der Entstehung des heutigen Irak werden ebenso abgehandelt wie der Aufstieg Saddam Husseins, sein Herrschaftssystem und dessen Gegner. In dem Kapitel über die Opposition wird beispielsweise differenziert dargelegt, warum der multikulturelle Charakter des Landes eine Einheit der verschiedenen Gruppierungen erschwert und eine allgemein akzeptierte Führungspersönlichkeit verhindert. Das Buch wird aufgelockert durch eigene Beobachtungen des Autors, eines Professors und Islamwissenschaftlers, der den Irak häufig bereist hat. Einem erneuten militärischen Eingreifen gegen den Irak steht er ablehnend gegenüber.

Biografie

Der Aufstieg Saddam Husseins vom armen Bauernjungen zum Diktator von Bagdad ist das Thema einer umfangreichen Untersuchung von Con Coughlin, heute Chefredakteur der konservativen britischen Zeitung Sunday Telegraph. Obwohl das Blatt für einen Krieg gegen den Irak eintritt, ist das Buch lesenswert, denn der Autor verfügt über zahlreiche eigene Quellen wie Interviews mit Dissidenten, zum Teil ehemalige Funktionäre des Regimes. Sachlich beschreibt er die Karriere Husseins, die eng mit der Entwicklung der herrschenden Baath-Partei verwoben ist. Auch das irakische Programm zur Entwicklung von Massenvernichtungswaffen wird vorgestellt. Das Buch gibt einen detaillierten Einblick in das Innenleben des Systems und der Familie des Diktators. Umso ärgerlicher, dass ein Register fehlt. Kritische Leser werden mit Amüsement eine Äußerung des damaligen US-Verteidigungsministers und heutigen Vizepräsidenten Dick Cheney zur Kenntnis nehmen. Er begründete 1992, warum die US-Truppen im letzten Golfkrieg nicht nach Bagdad vorgestoßen sind und Saddam Hussein gestürzt haben: Man hätte „eine Menge Soldaten“ gebraucht, um Hussein überhaupt zu finden. Zudem hätten sich die schwierigen Fragen gestellt: Welche neue Regierung möchte man haben, wie lange müsste man Streitkräfte dauerhaft stationieren – und wie viele „Verluste“ wäre man bereit hinzunehmen.

Rückschau

Wie war das doch gleich mit den UNO-Waffeninspektoren in den Neunzigerjahren? Welche Politik hat die US-Regierung im vergangenen Jahrzehnt gegenüber dem Irak verfolgt? Wie war in diesen Jahren ihr Verhältnis zur irakischen Opposition? Wer Antworten auf diese und andere Fragen sucht, dem ist das Buch „Out of the Ashes“ zu empfehlen, das leider nur in englischer Sprache vorliegt. Das Nachzeichnen der Windungen und Wendungen der US-Politik und gescheiterter Umsturzversuche wird jeder kritische Geist mit großem Interesse lesen. Gleichzeitig ist das Buch so angelegt, dass das erforderliche Basiswissen für Nichtexperten mitgeliefert wird. Obwohl die Autoren, ausgewiesene Journalisten und Nahostkenner, einen deutlich kritischen Blick auf die US-amerikanische Politik werfen, tappen sie nicht in die Falle, die inneren Verhältnisse des Irak zu beschönigen. Ihre Analyse, der letzte Golfkrieg sei geführt worden, um den Status quo zu bewahren, zeigt, wie sich die US-Politik seit Bushs Amsantritt geändert hat. BEATE SEEL

Peter Heine: „Schauplatz Irak. Hintergründe eines Weltkonflikts“, 160 Seiten, Herder, Freiburg i. Br. 2002,8,90 €ĽCon Coughlin: „Saddam Hussein. Portrait eines Diktators“, 528 Seiten, List Verlag, München 2002, 24 €ĽAndrew & Patrick Cockburn: „Out of the Ashes. The Resurrection of Saddam Hussein“, Harper Perennial 1999, 18 €