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Archiv-Artikel

karneval Dat jeht direkt ins Bloot

CHRISTIAN GOTTSCHALK: Die Kolumne am Donnerstag

Wie jeder weiß, gibt es zwei Dinge, die im Kölner Karneval von eminenter Bedeutung sind. Erstens ist er streng antisexistisch und zweitens komplett drogenfrei. Deshalb ist es nur konsequent, dass die oberste Frohsinnsbehörde, das „Festkomitee Kölner Karneval“ (FKK), eingreift, wenn einzelne Musikgruppen meinen, sie könnten sich über diese Richtlinien hinweg setzen. Zuerst traf es die Mundartstimmungskapelle Brings, deren Song „Poppe, kaate, danze“, wegen Sexismus‘ vom FKK abgelehnt wurde. Nun trifft es „De Höhner“, in deren neuem Song „Kutt erop“ Haschisch geraucht wird: „Kutt erop, kutt erop, dä Palm dä hätt en Pief jestopp, en Pief so jross wie en Bloomenvaas, met Jras.“

Nun ist es so, dass die Knalltüten von Brings in ihrem Song „Poppe, kaate, danze“ eigentlich versuchen, Kleinbürger zu beschimpfen und sich „danze“ auf „dat kannste“ reimt. Will meinen: Das kannst Du, Du blöder Kleinbürger, Du. Gleichzeitig verteilen sie umsonst T-Shirts mit der Titelzeile als Aufdruck. Man soll also fröhlich „Poppe, kaate, danze“ mitgröhlen, dabei aber zugleich seine Kritik an Menschen ausdrücken, die genau diesen Tätigkeiten gerne nachgehen. Schön blöd. Das Festkomitee jedenfalls verhält sich in diesem Fall ganz in der Tradition der Autonomen der 80er Jahre: Brings singen „poppe“, also ist es Sexismus.

Konsequent wäre nun der Versuch, eine Herrensitzung von allen sexistischen Inhalten zu befreien. Die wäre dann gleich vier Stunden kürzer. Im Kampf gegen die Drogenverherrlichung und den Sexismus muss noch manches Lied umgeschrieben werden. „Blootwoosch, Mineralwasser und eine gleichberechtigte Partnerin“ wird bestimmt ein Stimmungsknaller. Würde ich an die Kiffermär glauben, Hasch würde aus allen bessere Menschen machen, täte ich dem Festkomitee zurufen: „Roch‘ doch ene met“. Glaube ich aber nicht. Der gute Kölner Sänger Kurt Kreikenbom war 2003 mit seinem Karnevalslied „Sülz, Porz, Melaten“ der Zeit jedenfalls weit voraus: „Dat schad‘ doch nit dat Löffelschen, dat dot doch einfach joot, du drückst dat in dr Ven‘ erin, dat jeht direkt ins Bloot, dann fiere mir all am Nümaat, mit der janzen Scene, und nächstes Jahr zu Karneval, da simmer widder clean.“