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Archiv-Artikel

Vorwürfe überall

Im Dioxin-Skandal kritisiert Künast Thüringer Behörden. Die werfen ihr Versäumnisse vor

BERLIN taz ■ Neue Kritik von Verbraucherministerin Renate Künast in Sachen Dioxin: „Die Regeln, die wir mit den Bundesländern nach dem Nitrofenskandal vereinbart haben, sind von Thüringen nicht eingehalten worden.“ Konkret geht es um die Frage, ob, wann und wie Thüringen das Bundesverbraucherministerium hätte informieren müssen.

Folgende Daten sind unstrittig: Am 15. Januar ging beim Thüringer Agrarministerium der Prüfbericht des Instituts Fresenius ein, das Mitte Dezember fünf Proben aus dem Futterwerk Apolda erhalten hatte. Die Proben wiesen einen Dioxingehalt von 13,29 Nanogramm je Kilo Trockensubstanz auf, der Grenzwert liegt bei 0,75 Nanogramm. Daraufhin ordnete Thüringen mehr Proben an. Die verseuchte Charge war in eine Schweinemastanlage gegangen, wo drei Schweine geschlachtet und analysiert wurden. Das Ergebnis lag am 6. Februar vor: bis zu 2,6 Pikogramm je Kilo Fett – fast dreimal so viel wie zulässig. Jetzt informierte Thüringen Berlin.

So unstrittig die Daten, so strittig ihre Interpretation. „Statt am 15. Januar das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz zu informieren, behandelte Thüringen das Ergebnis drei Wochen lang intern“, so Künast-Sprecherin Katrin Ohse. Und ohne die Meldung konnte keine Schnellwarnung nach Paragraf 50 der EU-Verordnung über Lebensmittelsicherheit erfolgen, „ein klarer Rechtsverstoß“.

„Beweise für diese Vorwürfe“ fordert Katrin Trommer-Huckauf, Sprecherin von Thüringens Agrarminister Volker Sklenar. Bis zum 6. Februar sei der Dioxin-Fall nämlich ein rein regionales Problem gewesen. Trommer-Huckauf: „Der Betrieb hat die Dimension verschleiert.“ Erst mit den Probeergebnissen am 6. Februar sei die Dimension klar geworden. „Die von uns gefundenen Konzentrationen im Schweinefett konnten unmöglich durch eine einzige Futterlieferung entstehen.“ Erst dann habe der Betrieb 250 Tonnen verseuchtes Futter eingestanden – von Brotresten über Zwieback zu Rübenschnitzeln. Mittlerweile sind es weit über 1.000 Tonnen.

Trotzdem wolle Künast von eigenen Versäumnissen ablenken, so Trommer-Huckauf: „Trotz der seit Nitrofen bekannten Anfälligkeit hat Künast immer noch nicht jene EU-Vorschrift in nationales Recht umgesetzt, die den Meldezyklus rechtsverbindlich regelt.“ NICK REIMER

Chronik: www.BMVEL.de