„Ein Krieg kann gerechtfertigt sein“

Ruandas Präsident Paul Kagame kritisiert Afrikas Unterstützung für Frankreichs Irakpolitik: „Es geht um Entwaffnung“

taz: Herr Kagame, Sie haben erstmals als ruandischer Präsident Frankreich besucht und an einem frankoafrikanischen Gipfel teilgenommen. Wie war Ihr Treffen mit Jacques Chirac? Manche sagen, der Händedruck sei nicht sehr warm gewesen.

Paul Kagame: Das kann ich nicht beurteilen. Unser Treffen war kurz, aber wohl auch nützlich. Vielleicht ist das nächste länger und besser.

Was ist Ihre Meinung zur Irak-Erklärung des Gipfels, die die Haltung Frankreichs unterstützt?

Es sollte nicht so aussehen, als wären wir einfach alle nach Paris gekommen, um Chirac zu sagen, dass wir ihn unterstützen, ohne selber eine klare Haltung einzunehmen. Vielleicht hätten wir das Thema vorher diskutieren und dazu eine abschließende Haltung festlegen sollen. Wir haben es nicht ausführlich diskutiert, auch nicht bei anderer Gelegenheit. Dabei ist es eine ernste Angelegenheit. Der UN-Sicherheitsrat hat in seiner Resolution 1441 die Entwaffnung des Irak gefordert, und es bestand Einstimmigkeit im Sicherheitsrat, dass es gute Gründe gibt, warum der Irak entwaffnet werden sollte. Der Sicherheitsrat und die internationale Gemeinschaft sollten gemeinsam überlegen, wie es weitergeht.

Aber unterstützen Sie die Haltung Frankreichs, wonach die Waffeninspektoren mehr Zeit bekommen sollen?

Die Resolution 1441 betont die Notwendigkeit, Irak zu entwaffnen, weil das Regime Waffen hat, die vernichtet werden sollten. Also geht es um Entwaffnung und nicht darum, wie lange Inspektionen dauern sollten. Wenn es darum geht, den Irak zu entwaffnen, sollte man sich einigen, wie man das macht, statt Missverständnisse zu produzieren.

Was meinen Sie damit?

Manche stellen doch die Sache so dar, als ginge es um Krieg oder Frieden, und sagen: Wir wollen Frieden, keinen Krieg. Aber aus unserer eigenen Erfahrung mit Völkermord in Ruanda weiß ich: Krieg kann gerechtfertigt sein. Und wenn er gerechtfertigt ist, sollte man ihn führen. Hätten Sie mir damals gesagt, wir hätten beim Völkermord zuschauen sollen, statt zu kämpfen, wäre ich anderer Meinung gewesen. Damals war es richtig, Krieg zu führen, um den Völkermord zu stoppen. Manchmal sind Leute einfach gegen Krieg, weil Krieg Probleme bringt. Aber die Abwesenheit von Krieg bedeutet nicht unbedingt Frieden, es kann Völkermord bedeuten. Also gibt es im Rahmen der Resolution 1441 nicht die Wahl zwischen Krieg und Frieden, sondern zwischen Krieg und Massenvernichtungswaffen, die eines Tages gegen die Welt eingesetzt werden könnten. Hier muss der UNO-Sicherheitsrat eine Entscheidung treffen.

INTERVIEW: FRANÇOIS MISSER