: Wille ohne Visionen
Iranische Linke und Demokraten gründen in Berlinein Bündnis – für Freiheit und Frieden im Heimatland
BERLIN taz ■ Friedliche Wege in eine säkulare, demokratische Zukunft des Iran – dies möchte ein Kongress aufzeigen, der heute in Berlin beginnt. Die Teilnehmer eint ein hohes Ziel: Sie möchten ein „Bündnis der Republikaner Irans“ gründen.
Die Idee eines Zusammenschlusses von Linken, Sozial- und Nationaldemokraten gewann bereits vor dem Irakkrieg an Aktualität. Damals keimte bei den meisten Oppositionellen im Ausland die Hoffnung, im Iran werde bald das Regime wechseln. Ein Grund waren die massiven Drohungen der USA gegen die Islamische Republik. Auch war der Versuch Präsident Mohammed Chatamis, den Gottesstaat von oben zu reformieren, ins Stocken geraten. Die Exilanten fühlten sich berufen, den enttäuschten Massen, die sich von der herrschenden Geistlichkeit abgewendet hatten, Alternativen anzubieten.
Die Monarchisten, die meist in Amerika leben, scharten sich um den in den USA weilenden Sohn des 1979 gestürzten Schah. Sie versuchten, in Zusammenarbeit mit den amerikanischen Konservativen um Präsident George W. Bush ihre Rückkehr an die Macht vorzubereiten. Dies rief die Republikaner auf den Plan. Sie erstellten ein Grundsatzpapier, in dem sie zu einem „Bündnis der Republikaner“ aufriefen. Rund 1.000 Oppositionelle haben den Entwurf unterzeichnet. Nach langen Diskussionen soll er am Wochenende verabschiedet werden. In ihm heißt es, der Iran stehe nach 25 Jahren islamischer Herrschaft vor einer „grundlegenden politischen Umwälzung“. Der islamische Staat, der unfähig sei, sich selbst zu reformieren und den Forderungen des Volkes zu entsprechen, habe seine Legitimität verloren. Auch habe sich die „Politik der Unterdrückung nach innen und Kompromisse nach außen“ als unbrauchbar erwiesen.
Diese Lage mache es notwendig, eine politische Alternative zu bilden. „Wir treten für eine Republik ein, die ihre Legitimität aus dem Votum des Volkes bezieht“, heißt es in dem Entwurf. Unklar bleibt jedoch, ob das Bündnis die Reformbewegung im Iran politisch unterstützen möchte oder ob es sich selbst als mögliche Alternative sieht. In diesem Fall müsste man die Frage stellen, wieweit seine Botschaften bei den nahezu 70 Millionen Iranern ankommen.
Der Entwurf ist in erster Linie ein Wunschzettel der Demokraten. Was er vermissen lässt, sind konkrete Analysen. Vor allem fehlen präzise Hinweise auf Wege, die zu einer „säkularen, auf Pluralismus, parlamentarische Demokratie, Unabhängigkeit und Gerechtigkeit beruhende Republik“ führen sollen. Es wird zwar ausdrücklich betont, dass das neue Bündnis jede Gewaltanwendung ablehnt. Aber wie die Veränderungen vonstatten gehen sollen, bleibt bislang unklar. Man darf gespannt sein, ob der dreitägige Kongress in Berlin zumindest für die wichtigsten Fragen überzeugende Antworten findet. Etwa für das Problem, wie man sich bei den bevorstehenden Parlamentswahlen Ende Februar verhalten soll: Rät das neue Bündnis zum Boykott, wie ihn Radikale im Iran fordern? Oder votiert es, an der Wahl teilzunehmen, wie die meisten Reformer im islamischen Lager empfehlen? BAHMAN NIRUMAND