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Archiv-Artikel

36 Container voller Fluppen und kein Ende

Eines der „längsten Steuerstrafverfahren“ Bremens geht weiter. Auch wenn die Hauptperson seit gestern frei ist

Von sgi

taz ■ Gestern ist ein Mann aus der Untersuchungshaft entlassen worden, der für „eines der längsten Steuerstrafverfahren der Bremer Justiz“ – so seine Anwälte – gesorgt hatte. Der Mann hatte 36 Container voller Zigaretten von Zypern nach Tschechien via Deutschland schmuggeln wollen. Dabei war er aufgeflogen und wegen Steuerhinterziehung zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof verwies den Fall zurück nach Bremen, und jetzt verhängte das Landgericht ein Strafmaß von fünf Jahren. Deshalb wurde der Haftbefehl gegen den Mann, der vier Jahre in Untersuchungshaft gesessen hatte, aufgehoben.

80 Tage hatte der erste Prozess vor dem Bremer Landgericht gedauert, bis im Sommer 2001 das erste Urteil fiel. Verurteilt wurde der Angeklagte nicht etwa, weil er die 36 Container mit Zigaretten in die EU oder nach Deutschland eingeführt, sondern weil er sie durch die EU nach Tschechien zu schmuggeln versucht habe. Durch die falsche Deklaration der Container, so damals die Argumentation der Staatsanwaltschaft, seien allerdings die gleichen Abgaben entstanden, als habe der 52-Jährige die Fluppen tatsächlich eingeführt. „Bei einer richtigen Deklaration der Zigaretten als Zigaretten wären in der EU keinerlei Einfuhrabgaben entstanden“, so die Anwälte Armin von Döllen und Hans Meyer-Mews. Zwar entspreche die Argumentation der Staatsanwaltschaft der Rechtsprechung im europäischen Zollrecht – nichtsdestotrotz handle es sich „lediglich“ um einen „fiktiven Schaden“. Auf die Einfuhrabgaben habe der Staat eigentlich keinen Anspruch, sie seien ja nur dadurch entstanden, dass etwas falsch erklärt wurde. Dafür, so die Anwälte, habe ein „umfangreicher Indizienprozess“ stattgefunden, der „Gesamtkosten im siebenstelligen Bereich“ verursacht haben dürfte.

Zwar hatte der BGH das Urteil zurückgewiesen – der Angeklagte habe nicht gewusst, dass bei Falschdeklaration und trotz reiner EU-Durchreise der Zigaretten dennoch Einfuhrabgaben entstehen. Das Landgericht verurteilte den Mann nun aber erneut wegen Schmuggels und Vorsatzes. Dagegen, erklärten die Verteidiger, werde man „erneut Revision einlegen.“ sgi