: „Erst nach der Kommunalwahl“
Frühestens im Oktober will Grünen-Chefin Britta Haßelmann über die Strategie für den Landtags-wahlkampf entscheiden – sieht aber keinen Konflikt mit Ministern, die bereits auf die SPD setzen
INTERVIEW: ANDREAS WYPUTTA
taz: Frau Haßelmann, der grüne Frust über die SPD sitzt tief... Britta Haßelmann: Nach dem Klärungsprozeß im Sommer gibt es bei der SPD nicht mehr den andauernden Versuch, sich auf unsere Kosten zu profilieren. Insofern haben wir eine gute Arbeitsatmosphäre. Die Koalition arbeitet sachorientiert und erfolgreich – wie nicht zuletzt die schwierigen Haushaltsberatungen gezeigt haben.
Nordrhein-Westfalens grüne Umweltministerin Bärbel Höhn wirft Ihnen und Ihrem Vorstandssprecherkollegen Frithjof Schmidt vor, auch auf Landesebene für eine Koalition mit der CDU zu werben. Sogar ein vertrauliches Gespräch mit CDU-Oppositionsführer Jürgen Rüttgers soll es schon gegeben haben?
Es gibt keinen Vorwurf an Frithjof Schmidt oder mich von Bärbel Höhn in diese Richtung. Natürlich reden wir – wie auch Bärbel Höhn – auch mit Herrn Rüttgers. Das gehört zum normalen politischen Alltag. Insofern hat sich unser Verhältnis zur CDU in den vergangenen Jahren normalisiert. Da ein Koalitionswerben reinzudichten ist absurd.
Bärbel Höhn betont aber, die Grünen hätten sich auch für die Landtagswahl bereits auf die SPD festgelegt...
Klar ist: Eine Strategie für die Landtagswahl legen wir erst nach der Kommunalwahl im September fest. Bisher haben wir beschlossen, bei der Europawahl alles auf die grüne Karte zu setzen und auch bündnissoffen in die Kommunalwahl zu gehen. Auf Landesebene wollen wir die Koalition mit der SPD bis 2005 fortsetzen.
Bei allen inhaltlichen Schwierigkeiten mit der konservativen CDU?
Die NRW-CDU ist für uns derzeit kein vorstellbarer Koalitionspartner. Ihre inhaltliche Aufstellung ist völlig ungeklärt. Jürgen Rüttgers steht eher für eine progressive Richtung, Friedrich Merz für einen politischen Roll Back. Merz vertritt nichts, was sich mit den ökologischen und sozialen Grundsätzen der Grünen deckt.
Und was ist an Rüttgers progressiv?
Wir haben uns in einer Reihe von Fragen angenähert, etwa bei der Begrenzung der Gentechnologie oder bei der direkten Demokratie, der Forderung nach einer Vereinfachung von Volksentscheiden. Nach wie vor haben wir große Differenzen in der Frage der Zuwanderung, in der Atompolitik...
...wo die Grünen früher mehr Profil gezeigt haben, etwa bei der Ablehnung der Castortransporte nach Ahaus. Auch eine Annäherung an die CDU?
Der Vorwurf zielt ins Leere: Wir wollen den Atomausstieg der Bundesregierung schnellstmöglich umsetzen. Die von der CDU geforderte Renaissance der Atomenergie lehnen wir kategorisch ab. Was die Transporte aus Rossendorf nach Ahaus angeht: Ein Zwischenlager in Rossendorf wäre aus nordrhein-westfälischer Sicht die beste Lösung - dann gäbe es keine Castor-Transporte nach Ahaus. In dieser Forderung unterstützen wir die sächsischen Grünen.
Gefährdet eine Koalition mit der CDU in Nordrhein-Westfalen als größtem Bundesland nicht auch die rot-grüne Bundesregierung?
Bis zur Landtagswahl 2005 machen wir hier Rot-Grün, das hat die Partei sehr klar entschieden. Die Landesregierung hat noch eine Menge Arbeit vor sich. Der Leitsatz „drei Jahre regieren, zwei Jahre wahlkämpfen“ gilt für uns nicht. 2005 stellen wir uns zur Wahl. Unser Ziel dabei ist es, für die Grünen so viele Stimmen wie möglich zu erreichen, damit wir in jedem Fall unser Reformprogramm für Nordrhein-Westfalen fortsetzen können.