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Archiv-Artikel

CDU will Präventivverteidigung

Passend zum US-Solibesuch ihrer Chefin legt die Unionsfraktion Reformpläne für die Bundeswehr vor: Einsatz im Innern – und ohne lästige Parlamentsdebatten

BERLIN taz ■ Ein „Reformpapier“ zur Bundeswehr hat gestern die CDU/CSU-Fraktion des Bundestages in Berlin veröffentlicht. Es enthält Zündstoff: Die Union fordert darin eine erhebliche Erweiterung der Möglichkeiten, die Bundeswehr auch im Landesinneren einzusetzen, und betont, angesichts einer veränderten Bedrohungslage reiche „eine allein reaktive Handlungsweise“ nicht mehr aus: „Gefahren müssen frühzeitig abgewehrt werden“ – eine aufschlussreiche Wendung angesichts der internationalen Diskussion über die Legitimität eines so genannten „Präventivkrieges“.

CDU und CSU setzen sich außerdem für ein „Parlamentsbeteiligungsgesetz“ ein, damit Auslandseinsätze der Bundeswehr „so rasch wie möglich“ verabschiedet werden können. In dem Papier wird zwar nicht ausdrücklich gefordert, dass künftig auf die Zustimmung des Bundestages zu jeder einzelnen internationalen Mission verzichtet werden solle. Das ergibt sich jedoch aus der genauen Abfassung des etwas verklausuliert formulierten Textes: „Hierzu sind Lösungen zu entwickeln, die die politische Handlungsfähigkeit der Bundesregierung im Rahmen der Nato und EU sicherstellen, gleichzeitig aber auch die Rechte des Parlaments wahren.“

Zwischen Regierung und Opposition besteht Einigkeit darüber, dass sich der Sicherheitsbegriff in den letzten Jahren „erweitert“ habe und die Bundeswehr deshalb einer veränderten Bedrohungslage gegenüberstehe. „Die Gefahr eines umfassenden Angriffs auf unser Land ist unwahrscheinlicher geworden.“ Die Risiken, die es von Deutschland fernzuhalten gelte, seien „zunehmend globaler Natur“ und gingen „zunehmend auch von nichtstaatlichen Akteuren“ aus. In dieser Angelegenheit übt die Union scharfe Kritik an der Regierung: „Die Information der Bevölkerung über Bedrohungen wird sträflich vernachlässigt.“

Im Zusammenhang mit dem Einsatz der Bundeswehr im Innern fordert die Union „ein umfassendes System der Heimatverteidigung“, in dem das Militär „nur ein Segment“ darstelle. Die innere und die äußere Sicherheit müssten eng miteinander verzahnt werden. Konkret geht es den Unionsstrategen im Inland um Polizei, Bundesgrenzschutz, Katastrophenschutz – und eben um die Bundeswehr. Sie solle „ergänzend“ eingesetzt werden, zum Beispiel „im Bereich „Air Policing“ oder bei der Abwehr atomarer, biologischer und chemischer Gefahren.“ Erforderlich zur Erfüllung dieser Aufgaben sei eine flächendeckende Stationierung von Soldaten. Weshalb denn auch auch alle Überlegungen von Verteidigungsminister Struck (SPD) kritisiert werden, eventuell Bundswehrstandorte zu schließen und Material auszumustern. Sofern nötig, strebt die Union zur Verwirklichung ihrer Pläne entsprechende Änderungen des Grundgesetzes an.

Besonders betont wird im Papier die Bedeutung der Nato. Aus Sicht der Union könnte Europa einen „weit größeren Beitrag“ zur Handlungsfähigkeit des Bündnisses leisten, „wenn es sich als diesseitiger Pfeiler des transatlantischen Bündnisses verstünde“. Der hohe Stellenwert, den CDU und CSU einer engen Bindung an die USA beimessen, wird bereits durch die Wortwahl deutlich: Zur Heimatverteidigung soll eine Art „Nationalgarde“ geschaffen werden, so der verteidigungspolitische Fraktionssprecher Christian Schmidt (CSU). Außerdem fordert die Union einen „Nationalen Sicherheitsrat“ zur Analyse, Koordination und Abwehr von Bedrohungen. Washington en miniature.

BETTINA GAUS

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