: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Merz, Stoiber und Schröder reden ohne Pause von Steuersenkungen – obwohl die Steuern in Deutschland gar nicht mal so hoch sind. Und alle reden von Elite-Universitäten – obwohl die eigentlich niemand haben will
taz: Was war schlecht in der letzten Woche?
Friedrich Küppersbusch: Arbeitsbeginn nach der Weihnachtspause ist immer gruselig. Ich lerne es nicht, das geschmeidig hinzubekommen.
Was wird besser in dieser?
Keine Melancholie.
MerzSchröderStoiber – alle wollen Steuern senken. Muss das sein? Sind die Steuern in Deutschland wirklich zu hoch?
Zweierlei: Ja, es hat eine eigene demokratische Qualität, wenn der Einzelne seine, neben dem Wahlrecht, zentrale Rechtsbeziehung zum Staat – Steuernzahlen – begreifen kann. Das wäre dann immerhin mal der steuermündige Bürger. Und: Nein, im letzten österreichischen Wahlkampf etwa wurde argumentiert, die horrende Abgabenlast dort müsse nicht sein. Man möge sich ein Beispiel nehmen an – Deutschland.
Stoiber will dieses Jahr mit Rot-Grün zu einer Steuersenkung kommen – moderater als Merz. Das klingt realistisch, anders als Merz, der kaum die Steuern – den Wahlkampfhit für 2006 – jetzt verbrennen lassen wird. Ist Stoibers Idee ernst – oder auch Taktik?
Soll man denn nun Rot-Grün beim weiteren Dilettieren behilflich sein oder schnellstmöglich stoppen? Muss wohl schon die CSU sein, die so wenig Gegenfragen gewohnt ist, um antworten zu können: „Beides.“ Je ferner eine Retter-in-der-Not-Situation scheint, desto aussichtsloser die Bemühungen von Roland Koch. Im nächsten Schritt plagiiert Stoiber also die informelle Koalitionärin Merkel. Reformvorschläge der Opposition sind bis auf weiteres leider nicht von den persönlichen Ambitionen, die sich damit verbinden, zu unterscheiden.
Noch ein leicht virtuelles Thema: die Elite-Uni. Brauchen wir so was wirklich?
Die ursprüngliche Idee, Abitur und Hochschulstudium Arbeiterkindern zugänglich zu machen, behandelt die höhere Bildung als Selbstzweck. Dessen erste Folge ist der Trend zum höher qualifizierten Arbeitslosen. Die zweite: der auch andernorts dröhnende Generalbass „Was nützt das denn der Wirtschaft“. Nach der desaströsen Pisa-Studie ein höchstens origineller Ansatz, am Ende der Bildungskarriere etwas ändern zu wollen.
Ist die Elite-Debatte ein folgenfreier Versuch der Schröder-SPD ein Thema zu besetzen, ehe es Merz in die Finger bekommt?
Ja.
Die Grünen wollen eine Green Card für Putzfrauen aus Osteuropa. Ist das sinnvoll?
Komplett stulle. Suchen Sie mal eine Haushaltshilfe und führen Sie dutzende Gespräche mit Frauen, die allesamt lieber auf den Job pfeifen als ihn auf Karte, legal, versichert zu machen. Davon noch ein paar mehr verzweifelte importieren?
Rot-Grün plant zudem verschärfte Strafen für Schwarzarbeit und ventiliert die Idee, Haushilfen von der Steuer absetzen zu können. Ist das moralisch o. k.?
Unter Kohl zieh man diese FDP-Idee noch fett das „Dienstmädchenprivileg“. Nun nüchtern – erkennt man eine Güterabwägung. Gelingt es jetzt nicht, diesen Schwarzmarkt in die Legalität zu locken, können wir die gleichen Personen in 20, 30 Jahren mit Steuern durchfüttern – wenn sie ihre Rente, ihre Pflege, ihre Krankenversicherung bräuchten. Natürlich ist eine Belohnung ausgerechnet für die, die sich auch noch Personal leisten können, nicht ursozialdemokratisch. Aber verboten ist Schwarzarbeit heute auch schon ein bisschen, ohne dass das alleine hülfe.
Aber wird das wirklich funktionieren, um mehr sozialversicherungspflichtige Jobs zu schaffen?
Anders: Es könnte helfen, existierende Jobs sichtbar zu machen und sozial abzusichern. Also: Ja, versuchen.
Trotzdem: Ist Schwarzarbeit für viele nicht einfach besser?
Klar, für Baumarktketten, für windige Subunternehmer und für alle, die was gegen Gewerkschaften haben.
Die Rundfunkgebühren sollen um 1,09 Euro steigen. Bild und die christdemokratischen Ministerpräsidenten schießen dagegen. Ist das nur Populismus?
Branchentrends wie Dokusoaps, Gerichtsshows und die allgemeine Vertalkung der Abendprogramme kann man auch rein kaufmännisch betrachten: Die Sender tragen – mit Kirch ist immerhin ein Drittel des Marktes implodiert – der Finanznot Rechnung. Heißt: Man kann Geldmangel auch kreativ beantworten. Ich habe hier vor zwei Monaten gesagt, die Erhöhung kommt, aber später – als Wunsch halte ich daran fest.
Und was macht Borussia Dortmund?
Neue Erfahrungen: Auf freche Fragen der Lokalreporter blafft Präsident Niebaum: „Ich habe keine Lust auf Spielchen.“ Neu ist, dass die Lokalblätter solche Antworten drucken.
FRAGEN: SR