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Archiv-Artikel

„Donald Rumsfeld hat leider keine rheinischen Vorfahren“

Der Kölner Kabarettist Didi Jünemann über Rosenmontagszüge in Kriegszeiten, seine Missionsarbeit in den USA, über rheinische Lebensart und Traditionen im Karneval

taz: Herr Jünemann, beim Golfkrieg von 1991 wurde der Kölner Rosenmontagszug abgesagt, diesmal nicht. Halten Sie das für eine kluge Entscheidung?

Didi Jünemann: Aus Sicht des Festkomitees Kölner Karneval ist das eine sehr kluge Entscheidung. So läuft ihm der Zug wenigstens nicht aus dem Ruder. Denn der Kölner lässt sich den Karneval nicht verbieten. Egal ob der offizielle Zug abgesagt wird – der Rosenmontagszug würde ziehen. So jedoch bleibt es bei „Klaaf un Tratsch op kölsche Art“. Und „Make Alaaf, not War“ wird nur am Rande des Zuges Thema sein. Und natürlich beim „Geisterzoch“ am Samstag.

Ist der Rosenmontagszug nicht auch eine viel zu ernste Angelegenheit, um ihn nur wegen eines Krieges abzusagen?

Ja, natürlich. Deswegen sollte allerdings der offizielle Rosenmontagszug am besten jedes Jahr abgesagt werden. Nie war ein Rosenmontagszug phantasievoller als der „inoffizielle“ gegen den Golfkrieg 1991.

Der Sprecher des Festkomitees hat gesagt: „Karneval ist bereits in sich eine friedliche Demonstration.“ Sie waren vor nicht allzu langer Zeit zusammen mit Ihrem Kollegen Jürgen Becker als „Missionswerk Rheinischer Frohsinn“ in den USA, um dort die kölsche Friedensbotschaft zu verbreiten. Ihre Mission scheint nicht besonders gefruchtet zu haben. Was ist schief gegangen?

Eigentlich nichts. Aber das Problem war, dass wir den karnevalistischen Samen erst mal in Las Vegas gepflanzt haben, der Spielhalle der Amerikaner. Bis sich der von dort verbreitet, dauert es – ist ja ein großes Land. Vielleicht fahren wir das nächste Mal direkt nach Washington. Da gibt es ein paar Kandidaten, die ein bisschen Frohsinn gut gebrauchen könnten, gerade in der Bush-Administration. So ein Rumsfeld zum Beispiel. Dem merkt man doch sehr stark an, dass er leider norddeutsche und keine rheinischen Vorfahren hat.

Wie erklären Sie sich, dass sich ausgerechnet Düsseldorf und nicht Köln mit seinem diesjährigen Sessionsmotto auf der Höhe der Zeit präsentiert: „Läwe on läwe losse“?

Die Kölner waren mit ihren Mottos noch nie auf der Höhe der Zeit. Von daher wundert mich das überhaupt nicht. Aber auch bei den Düsseldorfern dürfte das nur ein Zufallstreffer sein.

Werden Sie nach Ihrem bombigen Erfolg als Bush-Doppelgänger auf der Stunksitzung auch bei dem heute beginnenden Straßenkarneval als George W. durch die Gegend ziehen?

Nein, dann würde mich ja jeder erkennen. Ich mache das auf der Bühne und das reicht mir. Aber ich kann mir vorstellen, dass George W. auch für viele Straßenkarnevalisten ein gutes Kostüm gibt. Denn schon immer waren die verschiedenen Kriege der Menschheit Vorlagen für Karnevalskostüme wie Cowboy und Indianer, Ritter oder preußische Gardeoffiziere. Schließlich ist Tradition alles im Karneval.

INTERVIEW: PASCAL BEUCKER