: 1.000 Rinder ohne Test sind nicht so schlimm
BSE-Datenbank soll sich ab Februar selbst kontrollieren – zunächst aber nur in Bayern. NRW warnt vor Hysterie
BERLIN taz ■ Bayerns Verbraucherschutzminister Werner Schnappauf (CSU) will die zentrale Münchner Rinderdatenbank, die alle in der Bundesrepublik geschlachteten Rinder erfasst, ab Februar mit einem BSE-Frühwarnsystem ausrüsten. Dann sollen „automatisch und permanent“ Abfragen aus den insgesamt 37 Millionen Einzeldaten erfolgen und das System von sich aus melden, „wenn nach einer Schlachtung nicht binnen 14 Tagen die Meldung über einen BSE-Test eingeht“, sagte Schnappauf dem Focus. Diese Fehlermeldung werde automatisch an das Bayerische Landesgesundheitsamt weitergeleitet – denn die Selbstkontrolle ist zunächst mal auf den Freistaat begrenzt. Schnappauf will das System aber „auch anderen Bundesländern zur Verfügung stellen“.
Beim Abgleich der Rinderdatenbank mit einem Register aller BSE-Tests hatten sich in den letzten Wochen zahlreiche Abweichungen ergeben. Das Bundeslandwirtschaftsministerium geht mittlerweile davon aus, dass bis zu 1.000 Rinder ungetestet in den Handel gekommen sind. Nordrhein-Westfalens Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) warnte am Wochenende aber vor einer Überbewertung der Pannen: „Es hätte nicht passieren dürfen, was passiert ist“, sagte sie im Interview mit der Saarbrücker Zeitung: „Aber wir sollten nicht hysterisch reagieren.“ Ein „100-prozentig sicheres“ Kontrollsystem sei illusorisch, „da man kriminelle Energie nicht ausschalten kann“.
Forderungen von BSE-Experten, die Massentests aller Rinder ab einem Schlachtalter von 24 Monaten zu beenden, weil der Aufwand in keinem Verhältnis zum Ergebnis stehe, lehnte Höhn ab. „Gegenwärtig halte ich den Zeitpunkt noch für zu früh.“ Sollten die Fallzahlen aber weiter zurückgehen und die Forschung bessere Erkenntnisse über BSE liefern, müsse auch „darüber nachgedacht werden“.
2003 wurden nach Höhns Angaben rund 3 Millionen Tiere auf BSE getestet, davon 54 positiv. Dies entspreche 1 BSE-Fall auf 50.000 Rinder. Die Krankheit kann nach Expertenmeinung bisher nur bei geschlachteten Tieren festgestellt werden, die älter als zwei Jahre sind. Die EU schreibt Tests bei allen Tieren vor, die älter als 30 Monate waren, in Deutschland wird ab dem 24. Monat getestet. Das für die Fleischindustrie ideale Schlachtalter liegt laut Spiegel aber bei 18 bis 22 Monaten. Viele Mastbetriebe ließen dennoch dieses „Jungvieh“ untersuchen, um an die begehrte Bescheinigung „BSE-frei“ zu kommen.
STEFFEN GRIMBERG