: Viktoria-Quartier ist wieder voll(-mundig) am Markt
Neue Investoren wollen stillgelegtes Schultheiss-Areal am Kreuzberg ankurbeln. Trotzig setzen sie auf alte Pläne, die den Bach runtergingen
Wo seit Jahren stillgelegte Baustellen vom einstigen Ruin des größten Stadtentwicklungsprojekts von Kreuzberg zeugen, planen zwei Investoren nun den „Wieder-Start“, wie es euphemistisch in ihrer Pressemitteilung heißt. Wie schon die Pleitiers davor setzen die Münchener Baywobau und die Berliner Artprojekt auf das Konzept „Kunst und Leben am Kreuzberg“, um das totgesagte Viktoria-Quartier in der früheren Schultheiss-Brauerei noch einmal wachzurütteln.
Die beiden Finanziers haben das 50.000 Quadratmeter große Areal, auf dem teure Wohnungen, Galerien, Hotels und die Unterbringung der Berlinischen Galerie vorgesehen waren und das 2001 Insolvenz anmelden musste, vom Insolvenzverwalter erworben und wollen im März mit der Suche „nach neuen Mietern und Kaufinteressenten“ beginnen, so Projektsprecher Willo Göpel am Donnerstag.
Mit einem Schnäppchen soll es losgehen. „Rund 20 Prozent billiger als vorher“ würden die bereits fertigen 60 Lofts am Markt platziert. Danach sei geplant, den ersten Bauabschnitt mit einem Wohnturm im östlichen Schmiedehof zu beenden. Wann der zweite und dritte Bauabschnitt mit weiteren Wohn-, Kultur- und Dienstleistungseinheiten folgen sollen, ließ Göpel offen. Umplanungen seien dafür nötig. Immerhin: Ein Fitnessstudio soll in die Backsteinhallen im Westen, und damit niemand fällt, hat man die für die Kunst reservierten Bierkeller am Fuße des Kreuzbergs zugeschüttet.
Supergünstig ist das neue Angebot aber nicht, schlagen doch noch durchschnittlich 2.220 Euro pro Quadratmeter zu Buche. Und ob der Slogan „Kunst und Leben“ die Käufer ziehen wird, ist gleichfalls fraglich. Die Berlinische Galerie hat sich nach der Pleite einen neuen Standort gesucht. Von „Leben“ kann auf dem Baustellenquartier wohl in den kommenden Jahren keine Rede sein. Und das Image ist auch beschädigt, verklagte der Neueigentümer doch Mieter auf Räumung, um die Wohnungen neu verkaufen zu können. Der Grund: Die früheren Investoren hatten es unterlassen, Käufer der Wohneinheiten ins Grundbuch einzutragen. Somit seien die Verkäufe von 1998 „rechtlich gesehen“ gar nicht existent. Die abgeschlossenen Mietverträge wurden bereits im vergangenen Jahr vom Insolvenzverwalter rückabgewickelt.
Göpel stört das nicht. Er setzt auf den „Wieder-Start“: „Die Gespräche mit Käufern laufen“ – wohin, wird sich zeigen. ROLA