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Archiv-Artikel

„Das ist eine Kriegserklärung“

Prominente Sozialdemokraten reagieren verschnupft auf einen Brief von Swantje Hartmann. Sie hat angekündigt, sie werde „bis zur letzten Instanz kämpfen“. Parteichef Duin stellt heute das Ergebnis einer Untersuchungskommission vor

Im Namen deutscher Großkomponisten steuert heute im Oldenburger City Club Hotel (CCH) das Drama der niedersächsischen Sozialdemokratie einem neuen Höhepunkt entgegen: Um 10.30 Uhr will SPD-Parteichef Garrelt Duin seine Schlussfolgerungen aus dem Ergebnis einer Untersuchungskommission über angebliche Verfehlungen der ehemaligen Vize-Parteivorsitzenden Swantje Hartmann im CCH-Raum „Beethoven“ präsentieren.

Genau 90 Minuten später hat die in Ungnade gefallene einstige SPD-Hoffnungsträgerin zur Pressekonferenz geladen, gleich nebenan in Raum „Bach“. Alles weist auf eine weitere Eskalation hin: „Bis zur letzten Instanz kämpfen“ werde sie, wenn ihre „vermittelnden Signale nicht aufgenommen“ und „weiter unhaltbare Vorwürfe öffentlich formuliert werden“, droht die 35-Jährige in einem Schreiben an sechs SPD-Funktionäre an, das der taz vorliegt.

Erst aus den Medien habe sie von der Vorstellung des Berichts erfahren, ihr Anliegen, frühzeitig darüber informiert zu werden, seien unbeantwortet geblieben, schreibt Hartmann in dem vierseitigen Brief, der unter anderem an den Braunschweiger SPD-Vorsitzenden, Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, den SPD-Fraktionschef im Landtag, Wolfgang Jüttner, und an SPD-Generalsekretär Hubertus Heil gerichtet ist. „Kein ernsthaftes Interesse an einer Entspannung der Situation“ sieht Hartmann bei Duin. „Das ist eine Kriegserklärung“, hieß es aus dem Kreis der Adressierten, offiziell äußern wollte sich niemand.

Hartmann betonte erneut, dass sich Berichte, die im Mai zu ihrem Rücktritt als Duins Stellvertreterin geführt hatten, nicht bewahrheitet hätten: Ein Gericht habe festgestellt, dass sie 2002 keinen Offenbarungseid geleistet habe. Dass die Presse eine Woche vor Veröffentlichung des Abschlussberichtes über die angeblich bevorstehende Pfändung ihrer Diäten schreibe, sei „sicher purer Zufall“, schreibt Hartmann nicht ohne Ironie.

Am Dienstagabend wollte die Spitze der zuständigen SPD Weser-Ems je nach Kommissionsergebnis über Hartmann entscheiden: Priorität habe ein „möglichst schnelles Verfahren“, hieß es. In Betracht kämen alle Möglichkeiten von Rückzahlung der angeblich von Hartmann auf SPD-Kosten genutzten Partner-Bahncard und eines Handys bis hin zum Parteiausschlussverfahren. Nur die Freisprechung der Beschuldigten sieht die duinische Dramaturgie offenbar nicht vor. KAI SCHÖNEBERG