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Missachtung wirklicher Menschen

betr.: „Klonen weltweit verbieten“, taz vom 21. 2. 03

Die Menschenwürde wird gerade von denen zutiefst missachtet, die sie so gern auf der Zunge führen. Beim therapeutischen Klonen geht es um ein bewusstlos dahinvegetierendes Häuflein menschlicher Zellen. Und da sprechen einige von der „Menschenwürde“, gerade so, als wäre ein Mensch nicht mehr als das. Als würde nichts von dem zählen, was dem menschlichen Leben Bedeutung verleiht: bewusstes Erleben, Freude und Schmerz, Angst und Hoffnung, Tatendrang und Freude am Gelingen, und das Eingebundensein in zwischenmenschliche Beziehungen.

Von dieser Haltung, die das Wichtigste am Menschsein gering achtet, führt ein gerader Weg zur Missachtung wirklicher Menschen. Da geht man locker darüber hinweg, dass Schwerkranke und Schwerbehinderte darunter leiden müssen, wenn sie keine optimale Therapie bekommen. Dass es für einige dieser Menschen Siechtum oder vorzeitigen Tod bedeuten kann, wenn diejenigen Forschungen behindert werden, die am meisten und am schnellsten Aussicht auf Erfolg versprechen. Für sie kann es zu spät sein, wenn die Forschungen unnötig viel Zeit kosten, weil sie auf adulte Stammzellen beschränkt bleiben. Oder wenn man gar am Ende feststellen muss, dass bestimmte Therapien sich doch nur mit embryonalen Stammzellen realisieren lassen, vielleicht sogar nur mit Stammzellen von Klonen des Patienten.

Maria Böhmer (CDU/CSU) warf den Befürwortern des „therapeutischen Klonens“ vor, sie „suggerierten“ vielen Kranken „greifbare Heilung“. Solche Unterstellungen gehen an der Realität vorbei. Ernst zu nehmende Befürworter wissen sehr wohl, dass die Forschungen noch am Anfang stehen, und verschweigen nicht, dass die Ergebnisse für viele der heutigen Kranken zu spät kommen werden. Aber auch in Zukunft wird es Kranke und Behinderte geben, und für einige von ihnen kann es darauf ankommen, wann brauchbare Ergebnisse vorliegen: rechtzeitig für sie oder zu spät. Der Beschluss des Bundestags gegen das therapeutische Klonen könnte sich als behindertenfeindlich herausstellen.

IRENE NICKEL, Braunschweig

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