: Dortmund vs. Schalke
Dortmunder Rathauschef Gerhard Langemeyer wirft Gelsenkirchens Oberbürgermeister Wittke „Verrat“ vor
RUHR taz ■ Zwei Oberbürgermeister im Ruhrgebiet streiten über die Zukunft der Gewerbesteuer. Dortmunds SPD-Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer (SPD) attackiert seinen Gelsenkirchener Amtskollegen Oliver Wittke: „Das ist Verrat an der gemeinsamen kommunalen Sache.“ Der CDU-Politiker hatte beim Neujahrsempfang seiner Stadt gesagt: „Die Gewerbesteuer ist ein für alle mal tot.“ Während die meisten Rathauschefs im Revier an der Steuer festhalten, will Wittke die Kommunalfinanzen auf andere Weise stärken. Eine „große Steuerreform“ soll den hoch verschuldeten Städten und Gemeinden mehr Anteile an der Einkommenssteuer und einen Teil der Körperschaftssteuer sichern. Spätestens nach der Bundestagswahl 2006 müsse die große Reform kommen: „Man muss jetzt anfangen zu diskutieren.“
Wittkes Vorstoß bedeutet einen Ausbruch aus der Einheitsfront der Kommunen, die seit Jahren gebetsmühlenartig mehr Einnahmen aus der Gewerbesteuer fordern. Nachdem der Berliner Vermittlungsausschuss eine Stärkung der klassischen Kommunalsteuer abgelehnt hat, sollten die Städte jetzt die „Schützengräben“ verlassen, fordert der OB. „Aber ohne die weiße Fahne zu hissen.“ Statt beim Kampf für solide Kommunalfinanzen aufzugeben, müssten neue Wege eingeschlagen werden. Auf Bundesebene sei eine gestärkte Gewerbesteuer nicht mehrheitsfähig – weder in der SPD noch in der Union, analysiert Wittke. Einer seiner Alternativvorschläge: ein wirksames Hebesatzrecht der Kommunen bei der Einkommens- und Körperschaftssteuer. „In Gelsenkirchen könnten wir das den Bürgern erklären, denn wir machen derzeit einiges für die Verbesserung unserer Verkehrsinfrastruktur“, sagt der Rathauschef. Die Schalke-Stadt ist gerade dabei, Autobahnanschlüsse und öffentlichen Nahverkehr für die Fußball-WM 2006 zu modernisieren.
Dortmunds Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer, zugleich Bundesvorsitzender der sozialdemokratischen Kommunalpolitiker, hält gar nichts von Wittkes Vorschlägen. Der Gelsenkirchener schere damit aus der Solidarität der Kommunen aus. „Das ist doch politische Schizophrenie“, sagt Langemeyer. Auf Bundesebene gaukele CDU-Finanzexperte Friedrich Merz den Bürgerinnen und Bürgern vor, mit der Union gebe es eine große Steuerentlastung. „Und Wittke bürdet den Leuten vor Ort mehr Steuern auf“, so Langemeyer. Geplant sei offenbar eine gigantische Umverteilung zugunsten der Unternehmen und zu Lasten der Arbeitnehmer.
Wie die Finanzlage der Städte und Gemeinden denn dann verbessert werden könne? „Wir müssen an der Forderung einer breiter angelegten Gewerbesteuer festhalten“, sagt der Dortmunder. Zugegegeben, die jüngsten Beschlüsse in Berlin seien „ärgerlich“ gewesen und würden den Kommunen kaum weiter helfen. „Man muss trotzdem weiter für die Interessen der Städte werben.“
Der Städte- und Gemeindebund NRW will ebenfalls weiter für die Gewerbesteuer kämpfen. Hauptgeschäftsführer Bernd-Jürgen Schneider bemängelte gestern in Düsseldorf, in der Diskussion um eine Steuerreform werde der aus kommunaler Sicht wichtigste Baustein – die Gemeindefinanzreform – konsequent ausgeblendet: „Diese Aufgabe liegt weiterhin unerledigt vor uns.“ Deswegen müsse jede Steuerreform auch die Gewerbesteuer gleichberechtigt mit einbeziehen. Dabei sei das Problem zu lösen, wie den Kommunen eine eigenständige Wirtschaftsteuer auf auskömmlichen Niveau an die Hand gegeben werden könne. MARTIN TEIGELER