: „Spitzdach mit Minarett geht nicht“
Der FDP-Mann Georg Barfuß wird Bayerns erster Integrationsbeauftragter. Noch als CSU-Bürgermeister hat er im schwäbischen Lauingen den Bau einer Moschee durchgesetzt, mit Minarett. Er will mit allen reden – und zwar Klartext: „Ich geh auf Kante“
GEORG BARFUSS, 64, studierter Betriebswirt, war bis 2004 in der CSU und Bürgermeister von Lauingen.
INTERVIEW SABINE AM ORDE
taz: Herr Barfuß, wird Bayern künftig seinen Ruf als Hort migrationspolitischer Hardliner verlieren?
Georg Barfuß: Auf jeden Fall, Bayern bekommt jetzt endlich als letztes Bundesland einen Integrationsbeauftragten. Wir werden Verkrustungen auf beiden Seiten aufbrechen, bei Einheimischen und Zugewanderten.
Als Bürgermeister von Lauingen, damals waren Sie noch in der CSU, haben Sie das geschafft: Dort ist eine repräsentative Moschee mit Minarett gebaut worden, die erste in Bayern – und zwar fast ohne Konflikt.
Es gab schon Konflikte. Ich habe Morddrohungen bekommen, das Haus ist bewacht worden, meine Kinder sind mit Polizeischutz in die Schule gebracht worden – das war übel. Aber wir haben diese Moschee gebaut, und fast alle haben zugestimmt.
Wie kam es dazu?
1993 ist der Moscheeverein Ditib zu mir gekommen und hat gesagt: Bürgermeister, wir brauchen eine Moschee. Ich habe mich schlau gemacht und dann versucht, das Schritt für Schritt in die Wege zu leiten. Zunächst wollten sie ein schwäbisches Spitzdach mit Minarett. Da habe ich gesagt: Entweder ihr macht das gescheit oder gar nicht. Dann kamen sie mit dem Entwurf mit Kuppel und Minarett, den wir heute haben.
Warum haben Sie den Verein Ditib dazu gebracht, auf den Muezzinruf zu verzichten?
Weil wir sonst die Anwohner gegen die Moschee aufgebracht hätten, und genau das wollte ich nicht. Ich wollte den Menschen die Angst nehmen, ich habe die kirchlichen Organisationen eingeladen und mit allen geredet. Und am Ende haben sie gesagt: Begeistert sind wir nicht, aber mach es in Gottes Namen.
Was wollen Sie jetzt als Integrationsbeauftragter tun?
In will in zwei Richtungen arbeiten: Die Einheimischen müssen sich ändern – und die Zugewanderten. Es nützt nichts, dass jeder immer auf den anderen zeigt. Man muss die Einheimischen fragen, wovor sie eigentlich Angst haben. Dann kommen immer wieder die alten Kamellen, wie: Christen dürfen in der Türkei auch keine Kirche bauen. Das stimmt nicht – und das muss man ihnen sagen. Da muss man einiges aushalten, aber das kann ich. Natürlich muss alles auf dem Boden des Grundgesetzes passieren, das ist klar. Was in der Scharia steht, ist mir egal.
Und was haben Sie mit den Einwanderern vor?
Ich werde mit den Vorständen der Vereine reden. Ich fordere von jedem das Bekenntnis zum Grundgesetz und ich frage: Was könnt ihr dazu beitragen, dass eure Frauen Deutsch lernen? Dass eure Kinder am Schwimmunterricht teilnehmen? Das sind alles Konfliktpunkte, aber die muss man ansprechen. Ich geh da auf Kante. Mein eigentliches Ziel aber ist, durch Vorbilder zu beweisen, was alles geht.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Ich komme gerade von der Meisterausbildung, da war eine türkischstämmige Frau, die wird Friseurmeisterin. So eine Frau nehme ich dann mit in die Moschee und lasse sie erzählen, wie sie es geschafft hat, Meisterin zu werden.
Dialog ist wichtig, aber wird sich in der bayerischen Integrationspolitik auch etwas Handfestes ändern? Das Innenministerium bleibt ja bei der CSU.
Ich werde versuchen, das Bewusstsein zu ändern. Ich habe ja ein Querschnittsamt: Ich werde mich einmischen ins Kultusministerium, ins Sozialministerium, ins Wirtschaftsministerium.
Haben Sie denn Ihre Partei hinter sich? Oder gilt dort Integrationspolitik doch eher als Verhandlungsmasse: Die Forderung, Gemeinschaftsunterkünfte für abgelehnte Asylbewerber abzuschaffen, hat die FDP am Ende doch fallen lassen.
Ja, da sind mehrere Sachen unter den Tisch gefallen. Die CSU musste nachgeben und wir auch.