: ‚Mehr Gesamtschule‘
Die CDU verhindert neue Gesamtschul-Angebote, sagt Bildungssenator Willi Lemke. Er möchte, dass der Elternwille nach der Wahl mehr gilt
taz: Herr Lemke, Sie sind doch ein überzeugter Anhänger von Wettbewerb und Marktwirtschaft, oder?
Willi Lemke, Bildungsenator: Ja, wenn die sozialen Aspekte entsprechend berücksichtigt werden.
Als Dienstleister muss man doch Nachfrage ernst nehmen, oder?
Selbstverständlich.
Es gibt in Bremen seit Jahren einen großen Nachfrage-Überhang nach Gesamtschulen. Nehmen Sie das ernst?
Selbstverständlich.
Folgt daraus irgend etwas?
Nachdem ich jetzt erfahren habe, dass es aktuell so viele Anmeldungen gibt, habe ich die Gesamtschulen fragen lassen, ob sie in der Lage sind, noch zusätzliche Klassen aufzunehmen. Dieser Prozess der Abfrage ist noch nicht abgeschlossen. Ich habe die kleine Hoffnung, dass wir die eine oder andre Klasse noch zusätzlich aufnehmen können. Ansonsten bedauere ich sehr, dass es mir nicht gelungen ist, in der Theodor-Billroth-Straße eine Dependance des Schulzentrums Obervieland als integrierte Stadtteilschule zu öffnen. Wenn es nach mir ginge, würde ich das möglichst schnell nach der Wahl in einer neuen Koalitionsvereinbarung festhalten, dass wir den Elternwillen ernster nehmen als wir das in der Vergangenheit getan haben.
Wissen Sie, welche Motive die Eltern haben, ihre Kinder nicht an die typischen Bremer Schulzentren zu schicken?
Viele Eltern möchten offenbar, dass ihre Kinder so lange wie möglich sozial integrativ beschult werden. Da wird nicht selektiert, die Klassen sind deutlich kleiner als zum Beispiel in Schulzentren. Aber die CDU wollte damals in der Koalitionsvereinbarung den Satz stehen haben, dass keine zusätzliche Gesamtschule eingerichtet wird.
Aber Sie hätten der CDU als Kompensation ein Gymnasium anbieten können. Nachfrage-Überhang besteht ja auch bei Gymnasien.
Es stimmt, ich habe kein Gymnasium angeboten. Aber wir sehen uns auch durch die Umfragen in unserer Kompetenz in bildungspolitischen Fragen bestärkt. Wir werden bei den nächsten Wahlen sehen, wie der Wähler das bewertet.
In Bremen kann man an der Gesamtschule nicht Abitur machen. Schwächt das nicht die Gesamtschule aus der Sicht von leistungsstärkeren Schülern?
Ja, und deshalb ist es mein Ziel, maximal drei Gesamtschulen mit einem Angebot bis zum Abitur auszubauen. Das ist genau mein Wunsch, dass wir eine Schule aus einem Guss machen. Aber das müssen die Schulen selbst wollen und die Schülerzahlen müssen dafür ausreichen. Mit Anordnungen kann man so was nicht entwickeln.
Fragen: kawe