Vertrauen ist gut

„Gender-Trust“ heißt ein neuer Gesprächskreis auf der Suche nach Grundverständnissen feministischer Politik

Frischer Wind? Aufbruch? Selbstkritik? Bei den Frauen von Bündnis 90/Die Grünen in Berlin hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass sie sich öffnen müssen. Deshalb wurde von der ehemaligen Parteivorsitzenden Regina Michalik ein Diskussionsforum ins Leben gerufen, bei dem Vertreterinnen aus Kultur, Wissenschaft, Medien und Alltag grundlegende Fragen zum grünen Politikverständnis auf den Prüfstand stellen. „Gender Trust“ heißt der Zirkel.

„Was verstehen Frauen unter sozialer Gerechtigkeit?“, wurde auf dem letzten Treffen gefragt. Aus gutem Grund, denn dass Rot-Grün wiedergewählt wurde, soll den Wählerinnen zu verdanken sein, und zwar – einer Infratest-dimap Umfrage zufolge – aus Sorge um genau jenen Verlust sozialer Gerechtigkeit. „Gerechtigkeit ist das Schlüsselproblem aller modernen Demokratien“, meinte die TU-Professorin Christina Thürmer-Rohr. Ihr oblag es, die Anwesenden mit Thesen herauszufordern. Eine davon: Ungerechtigkeit sei – zumindest aus politischer Sicht – sinnstiftend. Denn das Mindeste, was von Bürgern und Bürgerinnen erwartet werden könne, sei Protest. Daraus sei politisches Handeln abzuleiten. Im besten Fall entsteht so Gerechtigkeit. Ihre Kontrahentin war Sabine Werth, Geschäftsführerin der „Berliner Tafel“, die seit 10 Jahren „überflüssige“ Lebensmittel an Bedürftige verteilt. 200 Tonnen pro Monat. Soziale Ungerechtigkeit, gemildert durch Mildtätigkeit. Theorie prallt auf Praxis. „Gefühlte Ungerechtigkeit“ auf Verantwortung. „Soziale Gerechtigkeit macht nicht gleich“, sagt eine. „Aber gleicher“ so der Zwischenruf. WS