hamburg heute : Marat-Theater ohne Ende
Die Kultursenatorin und der Schauspielhaus-Intendant sprechen über Millionäre
Heute werden sie sich in die Augen sehen und klären, was noch möglich ist: Schauspielhaus-Intendant Friedrich Schirmer und Kultursenatorin Karin von Welck treffen sich zum Gespräch über das seit Tagen diskutierte „Marat“-Stück von Volker Lösch. Darin werden die Namen von 24 Hamburger Millionären verlesen, die bereits im Manager-Magazin gestanden hatten. Vier weitere Betroffene hatten mit einer einstweiligen Verfügung gedroht und waren ausgespart worden.
Wäre es nach der Senatorin gegangen, wäre es dabei nicht geblieben. Bereits vor der Premiere am vergangenen Freitag hatte sie Schirmer aufgefordert, die Namen zu verschweigen. „Ich habe mich geweigert, weil dieser Epilog zum Stück gehört; außerdem konnte ich die Aufführung kurz vor der Premiere nicht mehr stoppen“, sagt Schirmer. „Daraufhin hat die Senatorin gesagt, ich hätte mich früher kümmern müssen. Und jetzt behauptet sie, das Gespräch habe so nie stattgefunden.“ Einen derartige Amnesie finde er „tragisch“.
Ihr Missfallen über „Marat“ äußerte von Welck sehr wohl und sogar höchst offiziell: per Fax, das sie am Dienstagabend an das Schauspielhaus sandte. Als „Bürgerin“ äußerte sich die Senatorin darin – mit Briefkopf der Senats-Pressestelle – empört über die „Anprangerung“ der Reichen.
„Ich verstehe, dass sie unter Druck steht – aber dass sie den direkt an uns Kulturschaffende weitergibt, statt uns zu schützen, begreife ich nicht“, sagt Schirmer. Die Senatorin vermische Amts- und Privatmeinung, zudem zeige ihr Protest, dass sie den szenischen Kontext außer Acht gelassen habe. Das Theater müsse darauf hinweisen dürfen, dass sich die Gesellschaft „auf scharfe Weise in Arm und Reich scheidet“. Vielleicht scheiden wenigstens Senatorin und Intendant heute in Frieden. PS