: Attentat am Grenzübergang Eres
Nach drei Wochen relativer Ruhe fordert der Selbstmordanschlag einer Palästinenserin vier Tote und zehn Verletzte. Zuvor hatte Ministerpräsident Scharon einen einseitigen Abzug aus dem Gaza-Streifen in Aussicht gestellt und dafür Kritik geerntet
AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL
Vier Tote und zehn Verletzte sind die Bilanz eines Sprengstoffattentats am Grenzübergang Eres. Die 21-jährige palästinensische Attentäterin Ris Salach a-Raischi aus dem Gaza-Streifen zündete den Sprengstoffgürtel gestern gegen 9.30 Uhr am Kontrollpunkt nach Israel, als sie von Soldaten überprüft werden sollte. Zuvor hatte sie unter dem Vorwand, sie trage eine Metallplatte im Bein, die elektronischen Alarmanlagen passieren können. Die Armee sperrte nach dem Anschlag den Übergang, den täglich tausende palästinensische Arbeiter überqueren.
Die militärischen Flügel von Hamas und Fatah übernahmen die Verantwortung für die „gemeinsame Operation“, mit der die „israelischen Verbrechen auf palästinensischem Land“ gerächt werden sollten. Unklar blieb vorerst, welcher der Organisationen die junge Mutter zweier Kinder angehörte. Die Hamas hatte, im Gegensatz zu Dschihad und Fatah, bislang ausschließlich Männer in den „Märtyrertod“ geschickt. Der heilige Krieg „verpflichtet alle Muslime, Männer wie Frauen“, erklärte Scheich Achmad Jassin, Mentor der Hamas, das seltene Vorgehen seiner Organisation.
Nach drei Wochen relativer Ruhe war erst am Vortag ein 30-jähriger jüdischer Siedler bei einem Schussüberfall unweit der Stadt Ramallah getötet worden. Politiker aus dem rechtsnationalen Lager schlossen auf eine Verbindung zwischen der Gewalt und jüngsten Stellungnahmen von Premierminister Ariel Scharon, der diese Woche vor Soldaten seine Hoffnung kundtat, dass sie „nicht mehr in Gaza sitzen müssen, sondern freie Zeit für wichtigere Dinge bekommen“. Damit stellte er nicht zum ersten Mal einen einseitigen Abzug in Aussicht, dennoch war Scharon selten so konkret. Für die Siedler des Gaza-Streifens sei Land im Negew vorgesehen. „Die Infrastruktur für die Räumung ist vorbereitet“, meinte er und erzürnte damit seine Koalitionsfreunde.
Für den Abgeordneten Arie Eldad (Nationale Einheit) ist das Selbstmordattentat der Preis für Scharons Ankündigungen. „Der Anschlag zielt auf nichts anderes ab, als diesen Prozess zu beschleunigen.“ Verteidigungsminister Schaul Mofas wies die Kritik zurück. Die Zahl der versuchten Anschläge sei nie zurückgegangen, meinte er und begründete die Tatsache, dass dennoch weniger stattfanden, mit der Errichtung der Trennanlagen und Militäroperationen in den Palästinensergebieten.