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Archiv-Artikel

Die geheime Pannen-Akte

Juristischer Streit zwischen Greenpeace, HEW und Kieler Energieministerium um brisante Unterlagen zu einem Störfall im Atomreaktor Brunsbüttel

Was genau geschah am 14. Dezember 2001 im Atommeiler Brunsbüttel? An diesem Tag zerfetzte eine Wasserstoffexplosion ein Kühlrohr im Sicherheitsbehälter des Reaktors. Bis heute blieben viele Details der Beinahe-Katastrophe im Dunkeln. Um diese aufzuhellen, beantragte Greenpeace vor einem Jahr beim schleswig-holsteinischen Energieministerium Einsicht in die Korrespondenz über den Störfall zwischen Ministerium und Kraftwerksbetreiber HEW.

Die Umweltorganisation beruft sich dabei auf das schleswig-holsteinische Informationsgesetz, das „den freien Zugang zu den bei den Behörden vorhandenen Informationen“ für „jede natürliche und juristische Person“ regelt. Vorigen Oktober beschied das Ministerium, Greenpeace dürfe einen Großteil der angeforderten Akten – rund 2000 Seiten – erhalten. Die komplette Einsicht aber wurde mit dem Hinweis auf zu schützende „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ verwehrt.

Gegen diesen Beschluss klagen nun sowohl Greenpeace wie auch die HEW vor dem Verwaltungsgericht (VG) Schleswig. Während der Energiekonzern die Aktenherausgabe ganz verhindern will, halten die Umweltaktivisten die ministerielle Zurückhaltung für rechtswidrig. Greenpeace-Atomexpertin Susanne Ochse: „Brunsbüttel wird damit zum Präzedenzfall, wie wirksam die deutschen Informationsgesetze für die Kontrolle von Atomkraftwerken“ sind.

Nach Angaben von Ministeriumssprecherin Ulrike Hensel soll sich nun gleich das Oberverwaltungsgericht mit der Sache beschäftigen. Denn im VG-Verfahren hätte Greenpeace als Kläger womöglich das Recht, die Prozessakten – und damit auch die strittigen Geheiminformationen – einzusehen. Das Verfahren würde sich selbst ad absurdum führen.

Doch darauf will Greenpeace nicht warten. Morgen werden die Umweltschützer in Kiel weitere juristische Schritte gegen die Akten-Geheimhaltung ankündigen. Ihr Ziel: Das „Recht der Öffentlichkeit auf Transparenz durchsetzen“, bevor der Reaktor voraussichtlich noch im März wieder ans Netz geht.

Marco Carini