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Archiv-Artikel

Protestmarsch am Persischen Golf

In Bahrain demonstrieren 20.000 Menschen gegen einen Irakkrieg. Sie sehen sich als Teil der weltweiten Bewegung. Besonders heikel: Die Insel ist Stützpunkt der fünften Flotte der US-Marine, die sich im Hafen auf den Ernstfall vorbereitet

aus Manama JULIA GERLACH

Seelöwen im Antiterroreinsatz der Navy, jetzt auch am Persischen Golf. Ganzseitig bringt die bahrainische Daily News die Geschichte: Die cleveren Tiere seien aus San Diego eingeflogen und sollten hier feindliche Froschmänner oder schwimmende Minen aufspüren und so die Kriegsschiffe im Hafen von Manama vor Angriffen schützen. Süß sehen die Seelöwen aus, und auch ihre Trainer, amerikanische Soldaten, blicken freundlich. Sympathiewerbung für die Sache der USA. Und die haben es nötig, besonders in Bahrain.

„Wie viele irakische Kinder willst du noch umbringen, George?“, steht auf einem selbst gemalten Plakat. Ein kleiner Junge trägt es. „Nein zum Krieg!“, skandieren die Demonstranten, oder „Solidarität mit dem Volk des Irak!“, als sich ihr Zug langsam durch die Innenstadt von Manama, der Hauptstadt von Bahrain schiebt. Auf 20.000 schätzen die Veranstalter die Zahl der Teilnehmer. Das ist eine ungeheure Zahl für das kleine Königreich.

Das Freitagsgebet ist gerade vorbei. Männer in weißen Gewändern kommen aus der Moschee und mischen sich unter palästinensische Solidaritätsgruppen. Fahnen flattern, Megaphone werden ausgeteilt. Auf einer Verkehrsinsel formiert sich der schwarze Block: Eine Frauenorganisation, deren Mitglieder traditionell in schwarze Umhänge gehüllt sind. „Wir wollen unser Mitgefühl mit unseren Brüdern und Schwestern im Irak ausdrücken“, sagt Jawad Fairooz. Er ist Vizevorsitzender des Kommunalparlaments und einer der Organisatoren des Marsches. „Wir haben nichts gegen die Amerikaner als Menschen, aber wir lehnen ihre Politik ab“, sagt er. Weniger moderat geht es am Ende des Zuges zu: „Nieder mit Amerika“, skandieren da die Jugendlichen. Als der Zug das UNO-Gebäude erreicht, geht ein Sternenbanner in Flammen auf. „Es ist ein ganz breites Bündnis“, sagt Ibrahim Kamal al-Din vom Irak-Solidaritätskomitee. „Wir sind alle gegen diesen sinnlosen Krieg, und über die Anwesenheit der Truppen hier sind wir natürlich auch nicht glücklich.“

Bahrain ist der Stützpunkt der fünften US-Flotte. Seit 50 Jahren bestehen Freundschafts- und Militärabkommen. Das kleine Inselreich ist wegen seiner strategischen Lage begehrt und diente schon im zweiten Golfkrieg als Stützpunkt. Der größte Teil der heute dort stationierten 5.000 Mann sind Marinesoldaten.

Doch seit 1991 hat sich viel verändert: „Wir haben eine ganze Reihe von aktiven Gruppen und Organisationen. Es werden ständig mehr“, erzählt Waheeha Sadik al-Baharna. Sie ist die Vorsitzende der Bahrainischen Frauenorganisation. „Die Menschen haben Geschmack an der neuen Freiheit gefunden und wollen etwas tun“, sagt sie. Vor zwei Jahren ließ der Herrscher Hamad Bin Isa al-Chalifa das Volk über eine Verfassungsreform abstimmen. Ein Parlament wollte er wählen lassen und ein wenig mehr Bürgerrechte und Freiheit zulassen. Innerhalb kürzester Zeit entstand eine muntere Zivilgesellschaft – einzigartig am konservativen Golf. Vor einem Jahr jedoch erließ der König ein Dekret und schränkte die Rechte des Parlaments ein, bevor es gewählt war. Daraufhin boykottierten große Teile der politisch Aktiven die ersten Parlamentswahlen im vergangenen Oktober.

„Natürlich hatten sie Recht“, erklärt Waheeha Sadik al-Baharna, die sich an den Wahlen beteiligt hat. „Aber dieser Boykott hatte verheerende Folgen: Es waren nur drittklassige Kandidaten auf den Listen, und das macht sich natürlich auch jetzt im Parlament bemerkbar“, klagt sie. Zudem habe der Boykott zu einer Spaltung der Szene geführt. Boykotteure wollten mit Wählern nichts mehr zu tun haben: „Sie warfen mir vor, mit der Regierung zu kooperieren“, sagt die Feministin. So hat sie sich gefreut, als sie das bunte Bündnis bei der Demonstration sah. Der drohende Krieg, der Hass auf die USA und das Mitleid mit dem irakischen Volk – da sind interne Streitereien plötzlich nicht mehr so wichtig.