RWO will ernsthaft in die 1. Liga

Zweitligist Rot-Weiß Oberhausen ist Herbstmeister und glaubt erstmals seit Jahrzehnten an den Bundesligaaufstieg. Der große Heilsbringer ist blond, spricht mit Akzent und hasst Defensivfußball

“Der Präsident hat RWO ganz tief im Herzen“, sagt Trainer Andersen über Vereinsboss Hermann Schulz

VON MARTIN TEIGELER

Psst, nicht weiter sagen, aber Rot-Weiß Oberhausen, Codename RWO, will aufsteigen, in die erste Fußball-Bundesliga. So richtig, gegen Bayern München will man spielen und nach Schalke fahren – nicht nur zum Zuschauen. „Welcher Zweitligist will nicht aufsteigen“, flüstert uns ein Betreuer geheimnistuerisch zu. Und Trainer Jörn Andersen sagt vorsichtig, aber logisch: „Falls wir aufsteigen, gehören wir zu den besten Drei der 2. Liga.“ Nach Jahrzehnten der Zweit- bis Fünftklassigkeit glaubt die „Macht vom Niederrhein“ (Anfeuerungsspruch) tatsächlich an die Promotion – 31 Jahre nach dem Abgang aus dem Oberhaus.

Vater des Erfolgs ist der norwegische Trainer. Vor der Saison holte Hermann Schulz, allein herrschender RWO-Boss, den 243-maligen Bundesliga-Stürmer an die Landwehr. Der 40-jährige Andersen hatte zuvor in der Schweiz trainiert und musste bei seinem Start ins deutsche Trainergeschäft eine komplett neue Mannschaft aufbauen. Mit dem mageren Saisonetat von 4,5 Millionen Euro kaufte Andersen eine namenlose und billige Weltauswahl zusammen. Und siehe da: Die neuen Spieler aus Australien, Belgien, Brasilien, Burkina Faso, Italien, Portugal, Russland, Ex-Jugoslawien, Spanien und Togo stehen nach 17 Spieltagen an der Tabellenspitze. „Und schönen Fußball spielen wir auch“, sagt Boss Schulz stolz.

Ortstermin beim Tabellenführer. Anfang Januar. Das erste Spiel in der Rückrunden-Vorbereitung gegen einen Oberligisten steht an – die trainingsgeschlauchten RWO-Kicker werden den Test mühevoll 2:1 gewinnen. Jörn Andersen prüft den durch Dauerregen lädierten Rasenplatz. „Das Spielfeld ist okay, aber Flutlicht ist schwach“, grantelt Andersen. Beim Lagegespräch in der Vereins-Gaststätte lacht der Mann mit der blonden Wikinger-Frisur bei der ersten Frage. Ob er vor der Saison mit dem Erfolg gerechnet habe? „Das habe ich schon 200 mal beantwortet: Nein, ich habe nicht damit gerechnet“, sagt Andersen. Aber man habe seriös gearbeitet, von Anfang an sei die Stimmung rund um die Mannschaft positiv gewesen. Über seinen Vorgänger, den „bosnischen Ironiker“ (Süddeutsche Zeitung) und Defensivspezialisten Aleksandar Ristic will sich Andersen nicht äußern. „Es war wichtig, den alten Spielern das neue System nahe zu bringen“, sagt der Trainer. Das neue System: Während RWO unter Ristic meist konzentrierten Konterfußball spielte, stellte Andersen auf 4-4-2 um, den halb-offensiven Taktik-Mainstream, den man halt so spielt heutzutage. Auch „Ristic-Spieler“ wie Sasa Radulovic und Abwehrrecke Dejan Raickovic hätten das neue System verstanden, glaubt Andersen und präpariert seinen Kaffee – viel Milch und reichlich quadratische Zuckerstücke.

Andersen liebt offensiven Fußball. Der Ex-Torjäger fühlt sich mit seiner Neigung für eine progressive Spielweise gar nicht mal allein in der als Mauer-Liga verschrieenen Unterklasse. „Die 2. Liga ist nicht so defensiv“, sagt Andersen und guckt dabei Richtung Theke. Viele schöne Partien habe er gesehen. „Es gab nur ein paar langweilige Spiele, zum Beispiel gegen Regensburg.“ Die Rückrunde wird schwieriger, glaubt Andersen. Das Wort „Aufstieg“ nimmt er deshalb nur auf konkrete Nachfrage in den Mund. „Wir müssen nicht aufsteigen“, sagt er gelassen.

Unterstützt fühlt er sich in seinem vorsichtigen Optimismus vom Vereinschef. „Der Präsident hat RWO ganz tief im Herzen“, sagt Trainer Andersen über Vereinsboss Hermann Schulz. Täglich sitze man zusammen und rede über Fußball – vielleicht bald über erstklassigen.