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Archiv-Artikel

Vier Mal Glück in Tüten

Blaue Bänder mögen noch nicht flattern, auch mit den Harfentönen sieht es nicht gut aus. Bis der Frühling wirklich kommt, hilft die taz beim Warten: Vier Sofortlösungen für Wintermüde in jeder Einkommensliga

taz ■ Der Eindruck täuscht vollkommen. Es ist gar nicht so pieselig und grau und matschig, wie es auf den ersten Blick scheint. Nein, unter dem frostig gefrorenen Boden lauert der Frühling, winkt mit blauen Bändern und entkorkt schon mal die Flaschen mit den „süßen wohlbekannten Düften“, wie der alte Frühlingsfreund Ed Mörike sie so schön beschrieben hat.

Mit dessen Veilchen – „wollen-balde-kommen“ – ist zwar noch nicht so viel los, aber die Schneeglöckchen sind schon recht entfesselt. Etwas farbiger: Winterlinge, gelb und gut, im Rhododendronpark. Dort hat sich am Wochenende sogar bereits ein winziger violetter Krokus den geilen Blicken der Spaziergänger präsentiert.

Wer nicht nur glotzen will, sondern begierig ist, den Frühlingsgefühlen auf die Sprünge zu helfen, kauft das kleine Glück in Tüten Nr. 1 und geht in den Garten oder auf den Balkon.

Der Fachberater der Bremer Gartenfreunde e.V., Heinrich Leumer, empfiehlt Ringelblumen- und Mohnsamen. Die können mit Sand vermischt direkt aufs Beet geworfen werden – allerdings erst, wenn der Boden wieder auf den sanften Druck der Schaufel nachgibt und nicht widerborstig dagegenhält.

Ungeduldigen rät Leumer zur häuslichen Pflege im Gewächshaus oder auf der Fensterbank: In Minigewächshäusern oder Joghurtbechern lassen sich unsere kleinen grünen Freunde bereits jetzt vorziehen, bevor sie Ende des Monats den Naturgewalten im Freien überlassen werden. Leumer empfiehlt Astern, Begonien und Strohblumen.

Mit den wirklich wüsten Blütenträumen dauert es dann zwar nochmal ein paar Wochen. Aber es gibt auch Instant-Lösungen für Sofort-Genuss: Zweige von Sträuchern und Bäumen. Zum Beispiel die gelb blühende Forsythie oder auch japanische Kirsche und Pflaume. Ein Tipp von Fachmann Leumer: Die rosa blühende Scheinquitte.

Das unscheinbare Gestrüpp wird auf dem Markt feilgeboten und kostet zwischen zwei und vier Euro. Billiger ist es im eigenen Garten oder beim Nachbarn. Heinrich Leumer warnt allerdings vor dem schnellen Schnitt von Sträuchern in Wald und Wiese. „Das ist seit letztem Samstag verboten – Naturschutz.“

Leumer hat noch eine weitere schlechte Botschaft: Der Winter war nicht hart genug, um das Nacktschneckenpack kleinzukriegen. Leumer: „Sobald der Boden aufgetaut ist, sind die wieder da.“ In diesem Jahr soll es sogar noch schlimmer werden, denn auch Gärtner sind nicht mehr das, was sie mal waren und scheuen den Schneckenmord: „Die nennen sich alle Ökologen und sind bloß Faulpelze.“

Nicht nur die Blümchen künden von besseren Zeiten und machen uns glauben, der Frühling stünde vor der Tür. Seit Mitte Februar haben die meisten Eiscafés wieder geöffnet. Zum Beispiel die Viertel-Gelateria Ferrari im Steintor. Dort ist das Glück in Tüten Nr. 2 in diesem Jahr grün. „Unsere neuen Sorten sind Waldmeister und grüner Apfel und wenn die Umsätze stimmen, gibt es auch grünen Tee“, sagt Eismacher Marco Ferrari.

Glück in Tüten Nr. 3 kostet wesentlich mehr als Nr. 1 und Nr. 2, hält dafür in der Regel aber länger vor: Shoppen gegen den Winterfrust. Tütenweise Sommerkleidchen und Sandalen aus den Geschäften schleppen und sich einreden, dass es bestimmt bald so weit ist und dann knallt die Sonne plötzlich aufs Haupt und man hat wieder nur Turnschuhe. Also besser jetzt schon vorbeugen und gleichzeitig ein Zeichen gegen die Wintermüdigkeit setzen. Wer sich einmummelt, gibt klein bei.

Glück in Tüten Nr. 4: Ein Frühlingsgefühl trifft auf ein zweites Frühlingsgefühl und geht früh zu Bett. Eiken Bruhn