Großzügig eingeleuchtet

Bremer Nachwuchs kurz vor dem Aufbruch: Unter dem Titel „Schimmer“ zeigt die junge Malerin Jutta Haeckel in der Galerie Herold Bilder, denen der Boden der Tatsachen erspart bleibt

Den Damen auf Jutta Haeckels Bildern fehlt der Kopf – aber kopflos wirken sie nie

Geplänkel in der Lounge: Sie, im besten Alter, sitzt gelockert in der Nobel-Garnitur, Ellenbogen auf die Lehne gestützt, dem Gegenüber zugewandt. Die Beine hat sie übereinander geschlagen, Kleid und Top sind aufeinander abgestimmt, dezent und stilsicher. Man wird den Eindruck nicht los: Die Frau hat was vor, hat Profil, ohne dass sie dafür Gesicht zeigen müsste.

So ist das immer in der Malerei der 31-jährigen Bremer Künstlerin Jutta Haeckel: Den Damen, die sie malt, fehlt der Kopf, aber kopflos wirken sie nie. Dazu gibt es eine nicht eben sparsam dosierte Erotik – die allerdings kommt nicht vom Körper allein: Haeckels Frauen sind auf eigenartige Weise unerreichbar, ein bisschen entrückt, überhöht ins Irreale. Das liegt vor allem an den Farben, die so leuchten, als seien sie projiziert. Und an einer Lichtsituation, die den Bildern den Boden der Tatsachen erspart – und sie dafür ein paar Zentimeter über dem Boden schweben lässt.

Derzeit allerdings hängen diese Bilder, und zwar an den Wänden der Galerie Herold am Güterbahnhof. Unter dem Titel „Schimmer“ präsentiert Haeckel in zwei Räumen neben kopflosen Damen menschenleere Raumsituationen. Nobel, verlassen, seltsam in die Tiefe des Bildes verschoben steht da dann eine zeitlose Couchgarnitur – und glänzt.

Wie Haeckels Damen sind ihre Räume nicht von dieser Welt, aber auch nicht von einer völligen anderen. Der Ort, von dem sie kommen, heißt Hollywood: Alles ist sofort wiederzuerkennen und ist doch nur Kulisse, ist überzogen mit einer feinen Schicht aus Glitter und Schein. Haeckel zitiert das Bigger than Life, indem sie die Farbqualität der Kinoleinwand kopiert. Und sehr geschickt so tut, als sei der Lichtmann im Studio besonders großzügig gewesen beim Einleuchten.

In Anlehnung an die Bildfolge auf einer Filmrolle hat Haeckel Bildpaare gehängt: Zweimal die gleiche Szenerie mit nur minimalen Veränderungen, eine kleine Erzählstruktur, die dann aber gerne auch groß im Breitwand-Format. Was bleibt ist der Eindruck polierter Noblesse, gebrochen nur durch einen kunstfertigen Hinweis auf Fiktion.

Die Idee ist ausgereift, ihre Umsetzung auch, und für Haeckel startet jetzt die Sache mit der Selbstvermarktung auf dem Markt: Im letzten Jahr war sie vertreten beim Bremer Förderpreis für bildende Kunst und bei der Jahresausstellung des Bremer Verbandes der Bildenden Künstler, studiert hat sie an der Bremer Hochschule für Künste bei der für einen gewissen kaufmännischen Pragmatismus bekannten Professorin Karin Kneffel. Demnächst, so Haeckel, wolle sie sich mal zwecks Kontakten in Düsseldorf umsehen – und wird dabei, wohl unumgänglich, auf dem einen oder anderen Lounge-Sofa Platz nehmen. kli

bis 22. Januar in der Galerie Herold am Güterbahnhof. Öffnungszeiten: Di, Mi, Do 16 - 19 Uhr, So 15 - 18 Uhr und nach Vereinbarung ( ☎ 0421 - 957 99 99)