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Archiv-Artikel

„Die hätten wohl gern noch den Rasen gemäht“

Grummelnde Regierungschauffeure in NRW: Rüttgers’ Fahrer verdient mehr, ein Gericht bestätigt diese Praxis

DÜSSELDORF taz ■ Von gleichem Lohn für gleiche Arbeit hält Jürgen Rüttgers, selbsternannter „Vorsitzender der Arbeiterpartei Nordrhein-Westfalens“, wenig: Der Fahrer des Ministerpräsidenten von der CDU erhält über 500 Euro brutto mehr im Monat als eine Kollegin, die für Finanzminister Helmut Linssen hinterm Steuer saß. Die Fahrerin, die mittlerweile nicht mehr Linssen, sondern die Staatssekretärin im Integrationsministerium fährt, klagte vor dem Düsseldorfer Arbeitsgericht – und verlor.

Rüttgers’ Chauffeur hat schon für ihn gearbeitet, als er noch Oppositionsführer war. Die CDU-Landtagsfraktion zahlte dem Mann mit 3.800 Euro brutto 500 Euro mehr, als ihm als Fahrer des Regierungschefs nach Tarifvertrag zusteht. Doch Rüttgers’ Fahrer sollte nicht unter dem Aufstieg seines Chefs leiden: Die Verwaltung der Staatskanzlei erfand eine Verantwortungszulage von 500 Euro, die der Fahrer seit Rüttgers’ Wechsel in die Staatskanzlei bezieht – möglicherweise ohne Rechtsgrundlage, erklärte Arbeitsrichterin Anke Salchow. Nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz einklagbar seien die 500 Euro trotzdem nicht: Die Klägerin sei nicht als Teil einer Gruppe diskriminiert, sondern ein einzelner Angestellter – wenn auch möglicherweise grundlos – bessergestellt worden.

Das Urteil dürfte die Stimmung der Regierungsfahrer nicht verbessern. „Seit dem Regierungswechsel herrscht bei uns ein Klima der Angst“, sagt einer, der Kabinettsmitglieder fährt. „Die Damen und Herren Chefs“ stünden für „Gutsherrenmentalität“, die es unter Rot-Grün so nicht gegeben habe. „Die hätten es wohl am liebsten, wenn wir mit weißen Handschuhen ihren Rasen mähen würden.“ Für wen er fahre, will er nicht sagen: „Um Gottes Willen, dann bin ich meinen Job los.“

Selbst vor Gericht drohte Oliver Bals, Prozessbevollmächtigter der Regierung, der klagenden Fahrerin: Sie solle doch „an die Zukunft denken“, könne auch in den Fahrer-Pool zurückversetzt werden, drohte der Jurist: So genannte „Cheffahrer“, die Minister und Staatssekretäre chauffieren, bekommen für 288 Arbeitsstunden 3.375 Euro im Monat. „Poolfahrer“ der Staatskanzlei verdienen nur 1.500 Euro – brutto, versteht sich. ANDREAS WYPUTTA