: Zu viel Geiz schädigt die Enkel
Bayerns Ministerpräsident Stoiber will weiter radikal sparen. Auch bei der Jugend und am Umweltschutz
WILDBAD KREUTH taz ■ Ohne Superlative geht es nicht bei Edmund Stoiber. „Das ist einmalig in Deutschland“, verkündete der bayerische Ministerpräsident gestern Mittag zum Abschluss der Klausurtagung der CSU-Landtagsfraktion in Wildbad Kreuth. Damit meinte er keineswegs die bei dem traditionellen Treffen noch nie zuvor gesehenen Proteste von Bauern, Beamten und Studenten. Vielmehr bezog er sich auf die Tatsache, dass die Neuverschuldung mit 350 Millionen Euro für 2004 in Bayern nicht höher ausfällt als die für 2003. Damit ist zugleich die frohe Botschaft klar, die in diesem Jahr aus Kreuth in die Welt dringt: Stoiber bleibt eisern. Der nach der Landtagswahl im vergangenen Herbst angekündigte radikale Sparkurs im Bereich der Staatsausgaben soll durchgezogen werden.
Zwar haben die murrenden CSU-Abgeordneten durchgesetzt, dass etwa in den Bereichen Umwelt, Sport und Jugend weniger eingespart werden soll als geplant. Aber das ändert wenig am „großen Wurf“, wie Stoiber sein Schnittwerk gerne nennt. So sollen 2,44 Milliarden Euro allein im Jahr 2004 eingespart werden, bis 2008 sollen die öffentlichen Ausgaben um stolze 15 Prozent sinken. Auch am ehrgeizigen Ziel, bis 2006 als erstes und einziges Bundesland schuldenfrei zu sein, hält die bayerische Staatsregierung fest.
Das könnte allerdings schwierig werden. Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren werden kaum noch Privatisierungserlöse aus dem Verkauf von Staatsbesitz fließen. Auch wird die vorgezogene Steuerreform Bayern erhebliche Einnahmeausfälle bescheren, die durch Kredite ausgeglichen werden müssen. Verblüffend ist zudem, dass Stoiber verkündete, er rechne mit rund 370 Millionen Euro Mehreinnahmen durch das Steueramnestiegesetz des Bundes. Entsprechende Schätzungen von Bundesfinanzminister Hans Eichel für dessen Haushalt hatten CDU und CSU im vergangenen Herbst als „Luftbuchungen“ bezeichnet.
Allerdings wird auch Kritik am volkswirtschaftlichen Nutzen der CSU-Pläne laut. Der Würzburger Wirtschaftswissenschaftler Peter Bofinger etwa, gerade in den Kreis der so genannten Wirtschafsweisen berufen, hält den brachialen Sparkurs für kontraproduktiv. Stoibers Standardargument, dass man „unseren Enkeln“ keinen Schuldenberg hinterlassen dürfe, hält Bofinger für unsinnig. Zum einen sei die Pro-Kopf-Verschuldung in Bayern ohnehin geringer als in jedem anderen Bundesland. Zum anderen bestehe die Gefahr, dass ein übertriebener Sparkurs die Konjunktur abwürge, weiter verminderte Steuereinnahmen provoziere und zu unnötigen Einschnitten in die öffentliche Infrastruktur führe. Bofinger befürchtet, dass die geplanten Kürzungen gerade bei der Erziehung und Bildung künftigen Generationen erheblich mehr schaden als eine etwas höhere Staatsverschuldung. Stoiber dürfe seinen Staatshaushalt nicht betrachten wie ein Hausvater sein Familienbudget.
JÖRG SCHALLENBERG