zahl der woche : Drückendes Verstopfungsproblem für elektronische Briefkästen
Das Sparschwein ist voll, die Zähne sind in Ordnung und unter Potenzproblemen hat man auch nicht zu leiden. Dennoch wird man täglich per E-Mail dazu aufgefordert, seine Schulden zu tilgen, ein künstliches Gebiss zu kaufen und Viagra zu nehmen. Die so genannten Spam-Mails, die wahllos an jeden elektronischen Briefkasten geschickt werden, sind zu einer Plage geworden. Der britische Softwarekonzern Brightmail, der Schutzprogramme gegen die ungebetene Post entwickelt, schätzt, dass im Jahr 2003 erstmals mehr Werbemails als persönliche elektronische Briefe versendet wurden. Ihr Anteil liegt bei 56 Prozent. Tendenz steigend.
In diesem Jahr sollen bereits zwei von drei E-Mails zur Spam-Familie gehören. Im Jahr 2002 waren es noch 40 Prozent. Das Problem dabei: Die Werbemails werden immer raffinierter und tricksen die bislang entwickelten Spamfilter problemlos aus. Das sorgt nicht nur für überfüllte elektronische Briefkästen, sondern auch für lange Gesichter vor dem Computer: Laut einer Umfrage des US-Instituts Pew haben bereits 70 Prozent der US-amerikanischen Internetnutzer deshalb die Freude an der digitalen Kommunikation verloren. Allein das Downloaden der Nervtöter kostet die Empfänger weltweit jährlich etwa 10 Milliarden Euro.
Die US-Regierung hat inzwischen zum Gegenschlag ausgeholt. Noch im Dezember unterzeichnete US-Präsident George W. Bush ein Gesetz, das Spam zwar nicht generell verbietet, aber die Internetnutzer stärker davor schützen soll. Wer will, kann seine E-Mail-Adresse künftig aus Mailinglisten streichen lassen. Und in den nächsten sechs Monaten soll die US-Wettbewerbskommission FTC alle US-Bürger in einem Register erfassen, die generell keine E-Mail-Werbung wünschen. Außerdem müssen entsprechende Botschaften künftig eindeutig gekennzeichnet sein. Wer dagegen verstößt, muss mit Geldbußen in Millionenhöhe rechnen. Und wer irreführende Werbung oder ungeschützte pornografische Angebote verbreitet, dem drohen Haftstrafen.
Auch Deutschland will verstärkt gegen Spam-Piraten vorgehen: E-Mail-Werbung darf künftig nur noch nach vorheriger Zustimmung des Empfängers verschickt werden, fordert Bundesverbraucherministerin Renate Künast (Grüne) in einer Gesetzesnovelle, die bereits in diesem Jahr umgesetzt werden soll. Ob die Flut der unerwünschten Elektrobriefe dadurch eingedämmt werden kann, wird sich zeigen. Denn: Die angedrohten Strafen gelten nur für die Unternehmen des jeweiligen Landes.
BETTINA GARTNER