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Archiv-Artikel

Senat privatisiert Airbus

Vereinbarung über Verkauf der Hamburger Anteile an Daimler-Chrysler unter Dach und Fach. Der Konzern garantiert ab 2005 einen Erlös von 450 Millionen Euro. Zwei Drittel der Kosten für die Erweiterung des Airbus-Werksgeländes gedeckt

von GERNOT KNÖDLER

Hamburg wird seinen Anteil an der Daimler-Chrysler-Luft-und-Raumfahrt-Holding (DCLRH) mittelfristig an die Autobauer verkaufen. Einer entsprechenden Vereinbarung, die der Senat gestern vorgelegt hat, muss noch die Bürgerschaft zustimmen. Das dürfte ihr umso weniger schwer fallen, als der Vertrag der Stadt einen Mindesterlös von 450 Millionen Euro garantiert. Als Beitrag zur 665 Millionen Euro teuren Erweiterung des Werksgeländes im Mühlenberger Loch waren bisher nur 404 Millionen Euro eingeplant gewesen. Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) sprach von einem „sehr befriedigenden Ergebnis“, das nach zwei Jahren „sehr, sehr schwieriger Verhandlungen“ zu Stande gekommen sei.

Das Verhandlungsergebnis dürfte Spekulationen ein Ende machen, das Finanzierungskonzept für die Werkserweiterung stehe auf tönernen Füßen. Im Zusammenhang mit dem 11. September und der unsicheren Wirtschaftslage war die Befürchtung aufgekommen, Hamburg könne seine Anteile nicht zum erhofften Preis loswerden.

Ein gewisses Risiko bleibt allerdings auch bei der jetzt getroffenen Vereinbarung bestehen, weil die Zeit bis zum tatsächlichen Verkauf durch Kredite überbrückt wird. Die Zinsen dafür sollen mit den Dividenden für die Hamburger DCLRH-Anteile bezahlt werden. Die Höhe der Dividenden wurde in dem Vertrag an die Geschäftsergebnisse der Muttergesellschaft Daimler-Chrysler gekoppelt.

Wie sich diese entwickeln werden, darüber kann auch der Senat nur spekulieren. Weil die Kreditsumme mit dem Baufortschritt wachse, während die Dividenden von Anfang an für das ganze Aktienpaket bezahlt worden seien, verfüge die Stadt jedoch über einen finanziellen Puffer, sagte Senatsdirektor Manfred Reuter von der städtischen Verhandlungsdelegation.

Der Vertrag zwischen Hamburg und Daimler-Chrysler räumt der Firma ab 2005 die Möglichkeit ein, die Anteile der Stadt abzukaufen. Ab 2007 kann die Stadt ihre Anteile von sich aus anbieten und Daimler-Chrysler muss sie kaufen. Der Konzern muss dafür mindestens 450 Millionen Euro auf den Tisch legen, sei es in bar oder in Form von Anteilen an der Airbus-Muttergesellschaft EADS, an der Daimler-Chrysler zu einem Drittel beteiligt ist.

Die EADS-Anteile sind im Gegensatz zu den Anteilen an der DCLRH an der Börse handelbar. Die Stadt könnte sie bei einer günstigen Kursentwicklung auch für mehr als 450 Millionen Euro verkaufen. Das sei allerdings wenig wahrscheinlich, meinte Marius Berenbrok vom Anwaltsbüro Freshfiels, Bruckhaus und Deringer, der für die Stadt an den Vertragsverhandlungen teilnahm. Gibt der Kurs keine 450 Millionen Euro her, muss Daimler-Chrysler den Differenzbetrag in bar ausgleichen.

Probleme, das EADS-Aktienpaket am Markt unterzubringen, gibt es nach Einschätzung der Wirtschaftsbehörde nicht. Die sechs Prozent, die Hamburg an der DCLRH besitzt, entsprächen knapp einem Prozent der EADS-Aktien, sagte Wirtschaftsprofessor Otto Gellert, der ebenfalls für die Stadt verhandelte. Sie könnten verkauft werden, ohne dass der Kurs einbreche.

Weitere Risiken beim Projekt Airbus-Werkserweiterung stellen nach Angaben des Senats die Entsorgung kontaminierter Böden und belasteten Drainagewassers dar. Weil eine wichtige Ausgleichsmaßnahme in der Haseldorfer Marsch und auf dem Twielenflether Sand gerichtlich gestoppt wurde, prüft der Senat jetzt eine Ersatzfläche.