: Die Putzfrau braucht keine Rechnung
In der aufgeregten Diskussion um Hans Eichels neue Pläne zur Bekämpfung der Schwarzarbeit geht manches durcheinander. Was ändert sich wirklich? Was gilt künftig für privat beschäftige Putzfrauen, Babysitter und Maurer? Ein kleiner taz-Ratgeber
VON CHRISTIAN RATH
Dass Finanzminister Hans Eichel den Kampf gegen Schwarzarbeit verschärfen will, hat sich herumgesprochen. Doch noch immer rätseln viele, was genau geplant ist und wie die alte Rechtslage aussieht. Desinformation steigert die Verwirrung. Die gängige Kurzfassung der Nachrichtenagenturen lautet: „Bisher war Schwarzarbeit eine Ordnungswidrigkeit, künftig wird sie strafbar.“ Das ist falsch. Richtig ist: Schwarzarbeit ist und bleibt eine Straftat, hinzu kommt eine neue Ordnungswidrigkeit.
Heute und auch in Zukunft liegt eine Steuerhinterziehung vor, wenn ein Handwerker schwarz beschäftigt wird, also ohne Mehrwertsteuer abzurechnen. Nach der Abgabenordnung (Paragraf 370) droht bei Steuerhinterziehung eine Geldstrafe oder Haft bis zu fünf Jahren. Als Steuerhinterziehung ist es auch strafbar, eine Putzfrau anzustellen, ohne die anfallende Lohnsteuer abzuführen. Bei solchen Beschäftigungsverhältnissen werden außerdem keine Beiträge zur Sozialversicherung gezahlt. Auch das kann laut Strafgesetzbuch (Paragraf 266a) mit Geldstrafe oder Haft bis zu fünf Jahren bestraft werden.
Nichts anderes gilt bei „geringfügiger Beschäftigung“ im Rahmen eines so genannten Mini-Jobs. Wer zum Beispiel eine Putzfrau mit bis zu 400 Euro pro Monat bezahlt, muss nach Anmeldung des Jobs bei der Minijobzentrale pauschal 15 Prozent Steuern und Sozialabgaben zahlen. Unterlässt er dies, macht er sich nach den oben erwähnten Vorschriften strafbar. Die Putzfrau dagegen muss bei einem Minijob keine Steuern und Abgaben bezahlen. Sie kann aber wegen Beihilfe zu den Delikten ihres Arbeitgebers bestraft werden, wenn ihr klar ist, was gespielt wird. Das dürfte die Regel sein, Putzfrauen sind ja nicht blöd.
Zu Verurteilungen kommt es in diesem Bereich bisher relativ selten. Die Bekämpfung der Schwarzarbeit hatte ihren Schwerpunkt bisher eindeutig im gewerblichen Bereich. Daran soll sich auch nichts ändern, versichert das Bundesfinanzministerium (BMF), der Zoll werde nun nicht systematisch die Haushalte kontrollieren. Anders sieht es aus, wenn jemand angezeigt wird. Nach dem Legalitätsprinzip müssen Polizei und Fiskus dann ermitteln.
Für Wirbel sorgte vor allem die Einführung einer Pflicht zum Ausstellen von Rechnungen, mit der Schwarzarbeit künftig leichter nachgewiesen werden könnte. Ein Bußgeld bis zu 1.500 Euro wird fällig, wenn ein steuerpflichtiges Geschäft „ohne Rechnung“ abgewickelt oder die Rechnung nicht zwei Jahre aufbewahrt wird. Doch diese neue Ordnungswidrigkeit (keine Straftat!) gilt längst nicht für alle Arten von Schwarzarbeit. Zum einen muss es sich um eine Dienstleistung „im Zusammenhang mit einem Grundstück“ handeln. Das heißt, vom Maurer braucht man eine Rechnung, vom Geigenlehrer nicht. Außerdem gilt die neue Rechnungspflicht nur bei Aufträgen an selbstständige Unternehmer, nicht bei Beschäftigungsverhältnissen. So gilt die Putzfrau laut BMF nicht als Unternehmerin, weil sie weisungsgebunden tätig ist. Auch der Babysitter muss keine Rechnung ausstellen.
Viel Mühe gab sich das Ministerium in den letzten Tagen, die strafbare Schwarzarbeit von legalen Nachbarschafts- und Freundschaftsdiensten zu unterscheiden. Faustregel: Die Bezahlung von Geld deutet auf Schwarzarbeit hin. Ausnahme: Wenn der Nutznießer nur ein Trinkgeld bezahlt oder wenn die Leistung zu einem Freundschaftspreis erledigt wurde und auch ein entsprechendes Näheverhältnis besteht. Auch der jugendliche Babysitter, der gelegentlich 20 Euro für mehrere Stunden Wache bekommt, muss nicht als Minijob angemeldet werden. Was für Jugendliche viel Geld ist, gilt dem Fiskus noch als „kleine Anerkennung“.
Aber auch wenn kein Geld fließt, kann Schwarzarbeit vorliegen. Wer einen vollen Lohn in Naturalien zahlt, kommt nicht ums Gesetz herum. Ausnahme: Wenn Handwerker sich gegenseitig Nachbarschaftshilfe leisten, ist das keine Schwarzarbeit.