Nicht der Behinderte ist behindert

betr.: „Protest auf der Endstation Sonderschule“, taz vom 29. 10. 08

Als ehemalige Grundschullehrerin sowie Sonderpädagogin für Lernbehinderte des Landes Hessen und Diplompädagogin habe ich die Integrationsdiskussionen, die meines Wissens mit der Öffnung der Psychiatrien in Triest durch den italienischen Arzt Basaglia in Italien ihren Ausgangspunkt hatten, verfolgt und teilweise deren Umsetzung in die Praxis durch Integration von behinderten Kindern in der Regelschule unter anderem in Bologna 1982 begleiten können. Seitdem weiß ich: „Nicht der Behinderte ist behindert, sondern die Gesellschaft, in der er lebt“!

Es ist durch Untersuchungen erwiesen, dass in den Städten, in denen die ersten Sonderschulen entstanden, auch auf einmal genug Sonderschüler für die Selektion da waren. In ländlichen Regionen, wo die Errichtung einer Sonderschule finanziell nicht angesagt war, gab es auch keine Sonderschüler, sie wurden integriert. In meiner mehr als 20-jährigen Schulpraxis habe ich immer wieder erfahren müssen, dass es LehrerInnen gab, die „viele“ SonderschülerInnen meldeten, andere nie. Sehr oft führten Disziplinprobleme zur Einweisung, selbst wenn die Lern- und Leistungssituation des betreffenden Schülers diese nicht rechtfertigten. Abgestempelt waren die SchülerInnen damit quasi „lebenslänglich“. Gegen das herrschende gesellschaftliche System der Ausgrenzung, verkörpert in der Schulbehörde, haben viele Kolleginnen immer wieder gekämpft, und dafür, Integration in die schulische Praxis umzusetzen. Ich würde mich freuen, wenn BürgerInnen über die UN gegen Sonderschulen vorgehen könnten und dies tun. JUTTA G. WEYRICH, Münster