: Schwitzen für die Ökonomie
Eine neue Studie belegt die wirtschaftliche Bedeutsamkeit des Vereinssports
Bremen taz ■ Dass es den Rücken stärkt, ein paar Bahnen zu schwimmen, dass gezielte Gymnastik eine sinnvolle Rehamaßnahme sein kann, ist sattsam bekannt. Auch der gemeinschaftsfördernde Charakter des Vereinssports ist oft genug thematisiert worden. Für die Erkenntnis, dass körperliche Ertüchtigung zur Eindämmung der Jugendkriminalität und zur sozialen Integration beitragen kann, hätte es keiner groß angelegten Studie bedurft. Eine Pionierleistung ist hingegen der Beleg, dass private Leibesübungen auch zur Gesundung der Wirtschaft beitragen.
Axel und Anne Troost vom Progress-Institut für Wirtschaftsforschung (PIW) haben gemeinsam mit Rudolf Hickel von der Uni Bremen nachgewiesen, dass Sport keineswegs nur dann zum bedeutenden ökonomischen Faktor wird, wenn Bundesligavereine Fanartikel und Stadiontickets verhökern. Auch der Amateursport im Verein bringt dem Land Bremen jährlich eine Summe von 112 Millionen Euro ein. Der Neuerwerb entsprechenden Schuhwerks ist in dieser Summe ebenso inbegriffen, wie das Bier nach dem Training. So kommt auch die Zahl von 2.140 Arbeitsplätzen zustande, die an den breitensportlichen Aktivitäten hängen. „Die Studie ist ein Dorado neuer Erkenntnisse“, schwärmt Hickel. Dann unterstreicht der bekennende Tennisspieler die verbesserte Position des LSB gegenüber der Politik: „Wir treten nicht als Bittsteller auf!“ Als er zwei Senatoren von den Ergebnissen der Studie erzählt habe, hätten die sogleich ängstlich gemutmaßt, die Vereine könnten nun wieder Geld fordern. „Das ist absolut richtig“, freut sich der Fachmann für politische Ökonomie.
Zumindest erhofft sich der LSB eine bessere Ausgangsposition in der anstehenden Diskussion um drohende finanzielle Kürzungen. „Die Studie soll Öffentlichkeit, Politik und Wirtschaft klarmachen, dass Sport weit mehr ist, als das bloße Bewegungsverhalten von Menschen“, erklärt Ingelore Rosenkötter, Präsidentin des LSB. „Dafür mussten wir konkrete Zahlen vorlegen.“ Die Forderungen, die aus diesem Ziffernpool abgeleitet werden können, sind bereits formuliert: Aufrechterhaltung der Übungsleiterpauschale, Fiskalische Beteiligung der Vereine an Präventionsprogrammen, Förderung des Ehrenamts durch einen Sportfonds. Das Arbeitsvolumen ehrenamtlicher Kräfte in Bremen entspricht immerhin dem von 2.500 Minijobs.
Einziger Schönheitsfehler des Unternehmens Wertschöpfungsforschung: Über das Prädikat „relativ repräsentativ“ kommt die Befragung nicht hinaus. Von 426 angeschriebenen Vereinen sendeten nur 144 einen ausgefüllten Fragebogen zurück. Axel Troost ist dennoch zufrieden: „Wir haben Vereine erfasst, die insgesamt für rund 100.000 Mitglieder zuständig sind. Das zeigt, dass wir die Größten dabei haben.“ Der Profibereich freilich ist ausgenommen. „Das Bundesligageschäft des SV Werder zu berücksichtigen, hätte die Ergebnisse verzerrt“, erklärt Hickel. Wie wirtschaftlich das Schweißvergießen der Profis ist, wird also eine andere Erhebung zeigen müssen. Christoph Kutzer