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Archiv-Artikel

Aznar geht, Volkspartei bleibt

Spaniens konservative Regierung legt Neuwahlen für 14. März fest. Ein Sieg der Rechten scheint sicher. Denn ihre Bilanz ist gut, während der Linken nichts einfällt

MADRID taz ■ Spaniens Regierungschef José María Aznar macht sein Versprechen wahr. Pünktlich nach zwei Legislaturperioden nimmt der konservative Politiker seinen Hut. Sein Kabinett legte auf einer Sondersitzung am Montagnachmittag den Termin für die Parlamentswahlen auf den 14. März fest. Als Spitzenkandidat von Aznars Volkspartei (PP) tritt sein ehemaliger Vize Mariano Rajoy an. „Der stabile Wert“, wie ihn die spanische Presse gern nennt, wird die Wahlen wieder gewinnen. Daran zweifelt niemand ernsthaft.

Der 48-Jährige ist von jeher einer der starken Männer in Aznars Mannschaft. Ob während der BSE-Krise, beim Unglück der des Tankers „Prestige“ oder als Motor des Wahlkampfs 2000, als die Konservativen mit einem Erdrutschsieg die absolute Mehrheit errangen – Aznar konnte sich immer auf den Galizier verlassen, der in 8 Jahren 4 verschiedene Ministerien innehatte.

Spaniens Konservative haben nach 8 Jahren an der Macht eine florierende Wirtschaft vorzuweisen. 1.000 neue Jobs pro Tag lautet die Bilanz, es wird konsumiert wie noch nie. Darüber sind dann auch schnell die schwarzen Punkte der Ära Aznar vergessen. Das Thema Irak, das einst Millionen auf die Straße brachte, interessiert heute kaum mehr, obwohl spanische Truppen am Golf stehen. Das Gleiche gilt für den Unfall des Tankers „Prestige“. Noch immer werden täglich in Galizien Ölreste angeschwemmt, doch Presse und Öffentlichkeit haben den Fall längst vergessen.

Der große Wahlkampfschlager der PP wird der Kampf gegen den Terrorismus und für die nationale Einheit Spaniens sein. Rajoy, einst Innenminister, will weiter hart gegen die baskischen Separatisten von ETA und deren Umfeld durchgreifen. Auch mit Nationalisten, die Gewalt ablehnen, legen sich die Konservativen an – zum Beispiel in Katalonien. Das Verhältnis zwischen Madrid und den Basken und Katalanen war in der 25 Jahren jungen spanischen Demokratie noch nie so angespannt wie heute. Dem regionalen Nationalismus in den beiden Nordregionen setzen die Konservativen einen spanisch-nationalistischen Zentralismus entgegen. Heute kann niemand eine Änderung der Verfassung zugunsten mehr föderaler Strukturen einfordern, ohne von Aznar und seinem Nachfolger Rajoy als „Gefahr für Spanien“ gegeißelt zu werden.

Und genau hier tut sich die sozialistische Opposition unter José Luis Rodríguez Zapatero schwer. Denn die Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) führt seit Dezember in Katalonien eine Linksregierung an, der unter anderem die nationalistische ERC angehört. Diese Regierung will ein neues Autonomiestatut ausarbeiten, das mehr Rechte für Katalonien vorsieht. Zapatero will dies gern als Modell verkaufen. Doch gelingt ihm dies nicht einmal in der eigenen Partei. Dort werden immer wieder kritische Stimmen laut.

Katalonien ist nicht das einzige Thema, bei dem die Sozialisten ein zerstrittenes Bild abgeben. Vor wenigen Tagen stellte Zapatero stolz einen Steuerreformplan vor, um die Wirtschaft weiter anzukurbeln: Die unteren Einkommensklassen werden geschont, gleichzeitig sinkt der Spitzensteuersatz von 45 auf unter 35 Prozent, und Unternehmen sollen künftig nur noch maximal 30 Prozent zahlen. Als Ausgleich soll die Abschreibungsmöglichkeit von Rentenfonds und beim Kauf einer Eigentumswohnung gestrichen werden – in Spanien leben nur 20 Prozent der Bevölkerung zur Miete.

Nun gärt es in der Linken, und die Gewerkschaften bezeichnen den Plan als „ultraliberal und unsozial“. Nur die Arbeitgeber und rechte Wirtschaftswissenschaftler loben Zapatero. „Die Sozialisten machen praktisch die gleichen Vorschläge wie die PP“, bringt der Vorsitzende der kommunistischen Vereinigten Linken (IU), Gaspar Llamzares, die Enttäuschung zum Ausduck, die sich bei vielen potenziellen sozialistischen Wählern breit macht, bevor der Wahlkampf überhaupt begonnen hat. REINER WANDLER