: Was hat er, was Dean nicht hat
John Kerry ist zurück aus der Versenkung – etwas spröde, aber kompetent. Howard Deans wütende Anti-Botschaft ist noch nicht angekommen
DES MOINES taz ■ Die erste Vorwahl zur Nominierung des Präsidentschaftskandidaten der Demokraten endete mit einem fulminanten Comeback der einst fast abgeschriebenen Senatoren John Kerry und John Edwards. Der als Favorit gehandelte Howard Dean wurde abgeschlagen Dritter. Dick Gephardt, Ex-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, hätte gewinnen müssen, um im Rennen zu bleiben. Er erklärte nach seiner Niederlage den Rückzug aus der Politik.
John Kerry, dem großen Gewinner des Abends, ist es gelungen, sich als der kompetenteste Herausforderer in der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik zu porträtieren. Seine Vietnam-Erfahrung und langjährige außenpolitische Arbeit im US-Senat verleihen ihm auf diesem Feld die nötige Glaubwürdigkeit. Es hat es sogar geschafft, sein sprödes Auftreten durch mehr Integrität wettzumachen.
Howard Dean war aufgrund seiner konsequenten Antikriegshaltung zwar der im Ausland am stärksten wahrgenommene Kandidat. Die Niederlage zeigt aber, dass seine Strategie bislang nicht aufgegangen ist. Deans leidenschaftliche Kampagne setzt auf junge Wähler, das Internet und eine wütende Anti-Botschaft. Spätestens nach der Festnahme von Saddam Hussein setzte seine Talfahrt in den Umfragen ein. Für seine Bemerkung, die Gefangennahme würde Amerika nicht sicherer machen – wahrscheinlich eine richtige Analyse, doch wahltaktisch äußerst unklug –, ernete er allseitiges Kopfschütteln. Weitere unbedachte Äußerungen, zunehmende Unsicherheit und eine schwächer werdende Rhetorik ließen Zweifel an seiner Kompetenz wachsen. Erste Politpropheten sehen bereits sein Ende kommen. Für einen Abgesang ist es jedoch zu früh. Dean verfügt immer noch über ein schlagkräftiges Wahlkampfteam und das meiste Geld.
John Edwards aus North Carolina gewinnt dagegen kontinuierlich an Format. Er ist vielleicht der am meisten unterschätzte und hoffnungsvollste Aspirant. Als einziger wagt er sich an das heikle Thema Armut in Amerika. Konsequent vertritt er eine nach vorn gerichtete Politik und vermied die Anti-Dean-Schlammschlachten seiner Kontrahenten. Er ist vor Kamera und Publikum eloquent und entspannt und sieht trotz seiner 50 Jahre wie Ende 30 aus. Viele Wähler halten ihn für den begabtesten Redner. Zudem verfügt Edwards über den Südstaatenbonus: Seit John F. Kennedy hat kein Demokrat aus Neuengland mehr gewonnen. Edwards hat jedoch zwei Schwachstellen: Geldknappheit und nur geringe Erfahrung in der Außenpolitik. Aber einerseits könnten sich nach diesem Erfolg bald üppigere Spenden einstellen. Und andererseits entscheidet mangelde internationale Erfahrung keine Wahlen – wie die Beispiele Reagan, Clinton und Bush gezeigt haben.
Insgesamt wählte Iowa die demokratische Mitte. Historisch gilt: Wer am Ende Herausforderer werden will, muss hier unter die ersten drei kommen. Doch der Bundesstaat ist immer wieder für Überraschungen gut. Auch Bush junior und Clinton – bei ihm fürchtete man gar das Aus – haben hier verloren. Entscheidender ist das Abschneiden in New Hamsphire nächste Woche und der erste Test im Süden am 3. Februar. Hier werden die Grundsteine für die Nominierung gelegt.