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Archiv-Artikel

Frauenfreundliches Zeichen

Was tut eigentlich das Senatsamt für die Gleichstellung? Viel Gutes, aber es ist keine öffentliche Stimme für Fraueninteressen. Jetzt gründen Frauenprojekte ihren eigenen Dachverband

von KAIJA KUTTER

Als Ende Februar der Psychologieprofessor Wassilios Fthenakis in der Evangelischen Akademie zum Thema „Elternsein und Partnerschaft – ein unlösbarer Gegensatz?“ sprach, verteilte im Saal ein Vater Flugblätter gegen das Kita-Gutscheinsystem. Die Veranstalterinnen vom „Senatsamt für die Gleichstellung“ baten ihn daraufhin, dies vor der Tür zu tun. „Es hätte sonst den Anschein, als gehöre dies zu unserer Veranstaltung“, erklärt Amtsleiterin Marie-Luise Tolle.

Aber hätte ein Flugblatt im Saal zu dem aktuellen familienpolitischen Thema der Stadt einen Abend über Kindererziehung wirklich gestört? Kita-Politik gehört zum Ressort von Bildungssenator Rudolf Lange (FDP). Familiensenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) sagt dazu nichts, ebenso wie Marie-Luise Tolle. „Der Senat spricht mit einer Stimme“, erklärt die Amtsleiterin. Im Rahmen der Behördenabstimmung konnte sie sich zur Kita-Reform äußern. Tolle: „Da ist es die Frage, ob man sich durchsetzt oder nicht“. Öffentlich dürfe sie dazu nichts sagen.

Das gleiche gilt für die radikale Kürzung bei den Frauenprojekten vor einem Jahr. 54 Millionen Mark für mädchen- und frauenspezifische Projekte sah der rot-grüne Etat 2001 noch vor, 2002 waren es nur noch 37,42 Millionen, wie die GAL-Politikerin Verena Lappe errechnet hat. Die Frauenprojekte-Szene war damals geschockt zu erleben, wie machtlos das Gleichstellungsamt ist. „Es hatte keinerlei Entscheidungsrecht und konnte kein Veto eingelegen“, erinnert sich Heike Peper von der Biff-Beratungsstelle. „Das Senatsamt hat viel zu wenig Macht“, kritisiert auch Verena Lappe. „Es müsste direkt dem Bürgermeister unterstehen und eine eigene öffentliche Stimme bekommen.“

Während am 8. März 2002 rund 2000 Frauen aus Protest zum Rathaus demonstrierten, organisierten die Mitarbeiterinnen des Senatsamts drinnen den offiziellen Empfang zum Tag der Frauen – mit Themenschwerpunkt St. Petersburg. Der Einlass wurde strikt nur mit Einladungskarten gewährt. Trotzdem entrollten mehrere Frauen Schilder und hielten eine Protestrede.

Seither ist das Verhältnis zwischen offizieller Frauenpolitik und Basis abgekühlt. Eine öffentliche Auseinandersetzung mit Frauensenatorin, Senatsamt und Projektvertreterinnen gab es bisher nicht. Die Senatorin verweigert der taz hamburg seit einem Jahr ein Interview zur Familienpolitik. Begründung: es gebe noch kein fertiges Konzept.

Dabei stimmt das so nicht. Nach dem Motto: „Tue Gutes und rede nicht drüber“ realisiert die Senatorin zusammen mit dem ihr unterstehenden Amt durchaus innovative Projekte. „Unser Schwerpunkt ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen und Männer“, sagt Tolle. „Das gilt auch für die Senatorin.“ Da wird Vätern praktische Hilfe bei der Durchsetzung der Erziehungszeit im Betrieb angeboten, da werden Hamburger Firmen im Rahmen einer Workshopreihe zur familiengerechten Personalplanung ermuntert. Tolle: „Wenn man Vätern den Weg zur Erziehungszeit ebnet, ist dies die beste Art der Frauenförderung.“

Insider werten es als frauenfreundliches Zeichen, dass es das Senatsamt mit seinen 22 Mitarbeitenden und sechs Referaten überhaupt noch gibt. Auch mit weiteren Kürzungen wurde sich 2003 zurückgehalten. Laut Lappe ging von besagten 37,5 Millionen Euro noch mal eine knappe halbe Million verloren. Hier hatte die Kultursenatorin Dana Horáková ihre Frauenförderung gekillt. Für 2004 fürchtet Verena Lappe allerdings „das Schlimmste“. Wenn noch mal heftig gekürzt wird, dann im Jahr vor der Wahl. Dann wird sich zeigen, ob und wie die Frauensenatorin zu den verbliebenen Projekten steht.

Gestern Abend luden die Senatorin und ihr Amt wieder rund 600 Frauen der Stadt zum 8.-März-Empfang ins Rathaus. Zentrales Thema war nicht Ende der Eiszeit in der Hamburger Frauenpolitik, sondern die Partnerstadt Shanghai. Die Vertreterinnen der Frauenprojekte versammelten sich anschließend noch bei Denk(t)räume, um einen eigen Dachverband zu gründen, der ihnen eine öffentliche Stimme verleiht.