: Senat löscht Identitäten
Weil der rechte Senat Frauen nicht förderungswürdig findet, müssen sich Frauenprojekte für Männer öffnen. Begriffe wie „Frau“ oder gar „Lesbe“ werden aus offiziellen Papieren herausgestrichen
Von ELKE SPANNER
Was der Senat unter Frauenpolitik versteht, ist auf dem Programmheft von „Frau und Arbeit“ nachzulesen: „Mensch und Arbeit“ steht dort jetzt. Für die Bildungsangebote, die sich früher an Frauen richteten, können sich jetzt zum Teil auch Männer anmelden. Denn seit Frauen in Hamburg nicht mehr als förderungswürdig erachtet werden, müssen die Beratungsstellen und Bildungsträger Wege finden, das trotzdem zu tun – und gleichwohl den Erwartungen des Senates gerecht zu werden, sich auch Männern zu öffnen.
Geld wird es in Zukunft für reine Frauenprojekte kaum noch geben. Katharina Hanschen, die Geschäftsführerin von „Frau und Arbeit“, weiß, dass die Behörde die Trägerschaft für Berufsbildungsmaßnahmen ab dem kommenden Jahr öffentlich ausschreibt, und „wir gehen davon aus, dass es keine geschlechtsdifferenzierte Ausschreibung geben wird“. Das Programm schon jetzt für Männer zu öffnen, sei deshalb eine „unternehmerische Entscheidung“ gewesen.
Der Verein „Internationale Cultur und Information für Frauen (Inci)“ ist von der Senatslinie, weniger zielgruppenspezifisch fördern zu wollen, doppelt betroffen: Im Moment bietet Inci Beratung und Fortbildung für migrierte Frauen. Künftig sollen sich vor allem die „ausbildungsvorbereitenden Hilfen“ weder speziell an Frauen, noch an MigrantInnen richten. Das heißt: Inci muss auch deutsche Männer unterrichten. „Wir planen eine Kooperation mit anderen Projekten im Stadtteil“, erklärt Sozialpädagogin Cathrin Liedmeier. Ziel ist, die eigenen Räume nach wie vor für Frauen und Mädchen zu öffnen und zusätzlich Kurse in benachbarten Einrichtungen anzubieten, die ohnehin mit Männern und Jungen arbeiten.
Auch für die „Dolle Deerns“, den „Verein zur Förderung feministischer Mädchenarbeit“, kommt allenfalls eine Kooperation mit gemischtgeschlechtlichen Beratungsstellen im Stadtteil in Betracht. „Wir sind auch an unsere Satzung gebunden“, erklärt Pädagogin Angelika Huntgeburth, warum das Konzept selbst bei Bereitschaft dazu nicht einfach vollkommen neu geschrieben werden könnte.
Doch der Verein hat bereits Konsequenzen aus der Senatslinie ziehen müssen. Allen Frauenprojekten wurde nahe gelegt, im Kontakt mit der Behörde künftig Begriffe zu vermeiden, die einer finanziellen Förderung im Wege stünden. Wie „lesbisch“ zum Beispiel. In der offiziellen Leistungsbeschreibung des früheren „Beratungsladen gegen sexuelle Gewalt an Mädchen und Frauenlesben“ ist inzwischen von Lesben keine Rede mehr.
Auch im behördlichen „Landesförderplan Jugendarbeit“ tauchen Lesben nicht mehr auf. Wo früher von „lesbischer Mädchenarbeit“ die Rede war, gibt es jetzt nur noch „geschlechtsspezifische Identitätsfindung“.