: Die Öffnerin
Ines Weller lehrt Produktionstechnik unter feministischen Aspekten – und verschafft den Studis damit Blicke über den Tellerrand
„Als männliche Ingenieure die Mikrowelle entwickelten, haben sie Köchinnen nach ihren Bedürfnissen gefragt“. Das klingt, als sei es für Ines Weller ein Ansatz in die richtige Richtung. Allerdings, schränkt sie ein, hätten die NutzerInnen der Technik nicht so dringend solche Hightech-Spielereien gebraucht, wie sie die Produktentwickler ins Gerät schließlich doch eingebaut haben. Fazit: Die Ingenieure haben zwar die Sicht der Produktentwickler um die der Nutzerinnen erweitert. Einer Nachhaltigkeitsprüfung würde die Mikrowelle aber nicht standhalten. Zusätzlicher Technik-Schnickschnack kostet in der Herstellung Ressourcen, macht das Gerät teurer und die Entsorgungsfrage ist offen.
Mit dieser Mikrowellen-Geschichte verdeutlicht die Wissenschaftlerin Weller, was das Anliegen ihrer Arbeit ist und was der Titel ihrer Gastprofessur im Fachbereich Produktionstechnik an der Bremer Uni bedeutet. Dort betreibt sie seit dem Wintersemester 2000 „Analyse und umweltgerechte Gestaltung von Technik mit dem Schwerpunkt Frauen- und Geschlechterforschung“.
Als Gastdozentin bringt sie den bis zu 90 Prozent männlichen Studierenden nahe, dass Produktentwicklung kein objektiver Vorgang ist, sondern unter Berücksichtigung unterschiedlicher Aspekte – „der Genderaspekt ist nur ein Eye-Opener“ sagt sie – zu sehr verschiedenen Ergebnissen führen kann. Weller spricht vom „Kontextualisieren“ der Produktentwicklung.
Der Weg zur feministischen Technikanalyse nahm bei Weller seinen Ausgang in einem „sehr traditionellen“ Chemiestudium in Heidelberg, das ihr gezeigt habe, „dass es das nicht war, weil die gesellschaftlichen Fragen nicht vorkamen“.
Dass die in den Siebzigern reichlich diskutiert wurden, führte etwa zu den ersten „Frauen in Naturwissenschaft und Technik“-Kongressen, an denen Weller 1973/74 teilnahm. „Damals ging es erst mal um die Situation der Studentinnen in den Naturwissenschaften“, erinnert sie sich, „weniger um die Inhalte“, setzt aber gleich hinzu, „obwohl sich das immer wechselseitig bedingt“. Will sagen: Studentinnen tragen in eine ursprüngliche Männerdomäne neue Sichtweisen.
Die kann Weller nach Ausflügen in die Didaktik und die Sozialökologie ohnehin beisteuern. Mit der Ausbreitung neuer Betrachtungsmöglichkeiten auf und Fragestellungen an Technik verändere sich das Fachgebiet und würde damit reizvoll für neue Interessierte, ist die Professorin überzeugt.
Mit ihrer Gastdozentur schlägt die Uni Bremen den Weg in diese Richtung ein und liegt damit bundesweit vorn. Demnächst gibt es vielleicht sogar Chancen, die gesellschaftlichen Fragen an die Technikwissenschaft in Form einer eigenen Stelle zu verstetigen, die Verhandlungen laufen. ube