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Archiv-Artikel

Bush rechtfertigt seine Irakpolitik

Seine Rede an die Nation wiederholte bekannte Standpunkte. Bush strich heraus, dass Libyen und Nordkorea nach Irak kompromissbereit seien. Innenpolitisch beharrte er auf Steuersenkungen und bekannte sich zur konservativen Familienpolitik

AUS DES MOINES MICHAEL STRECK

Die USA behalten sich auch in Zukunft vor, ohne Zustimmung der Staatengemeinschaft in anderen Ländern militärisch einzugreifen. Diese Haltung bekräftigte Präsident George W. Bush in seiner jährlichen Rede an die Nation am Dienstagabend. Staaten, die Terroristen beherbergten und mit Massenvernichtungswaffen versorgen könnten, müssen weiterhin mit einem militärischen Eingreifen der USA rechnen. Bush rechtfertigte zudem erneut seine Entscheidung, ohne Zustimmung der UNO in den Krieg zu ziehen.

Eine „Erlaubnis“ zum Schutz der eigenen Sicherheit bräuchten die USA nicht – erklärte er, obwohl sich seine Regierung momentan sehr eifrig um die Hilfe der UNO im Irak bemüht. Er verteidigte überdies seine Entscheidung zur Invasion im Irak. Die Welt sei nach dem Sturz des Diktators Saddam Hussein „ein besserer und sichererer Ort“. Bush ging nicht auf die bislang erfolglose Suche nach den angeblichen irakischen ABC-Waffen ein, die er noch ein Jahr zuvor in seiner Rede als Hauptgrund für den Krieg angeführt hatte. „Hätten wir nicht gehandelt, würden die Waffenprogramme des Diktators noch am heutigen Tag weitergehen.“

Dass die Glaubwürdigkeit seiner Führung in Frage steht, überspielte Bush. Es scheint, dass ein Großteil der Amerikaner spätestens seit der Gefangennahme von Saddam Hussein die Legitimation der Invasion nicht weiter hinterfragt. Letztlich sieht sich Bush als Vollstrecker des Willens der UNO. „Wenn wir nicht gehandelt hätten, wären die Drohungen des Sicherheitsrats als leer entlarvt worden, die UNO geschwächt und der Widerstand von Diktatoren in der ganzen Welt ermutigt worden.“ Der Präsident stimmte die US-Öffentlichkeit darauf ein, dass ihr Land noch lange im Irak stationiert sein werde. Er warnte vor dem Glauben an einen schnellen Sieg gegen die „Feinde der Freiheit“, lobte jedoch die Erfolge beim Kampf gegen die Terroristen und beim Wiederaufbau. Seine harte Haltung sieht er im Einlenken Libyens, auf ABC-Waffen verzichten zu wollen, bestätigt. Nordkorea und Iran, die er bei gleicher Gelegenheit vor zwei Jahren zur „Achse des Bösen“ gerechnet hatte, erwähnte er in diesem Zusammenhang kaum.

Bot die Rede inhaltlich nichts Neues, so steckte er nur einen Tag nach den ersten Vorwahlen zur Nominierung des demokratischen Herausforderers die Marschrichtung ab auf dem Weg zur Präsidentenwahl im November. Auf dem internationalen Parkett verfolgt das Weiße Haus weiter einen Kurs, der mehr Konfrontation denn Kooperation beinhaltet, sich den Alleingang vorbehält und sich nicht von UNO und anderen Staaten am Handeln hindern lässt. Bush sieht die USA auf historischer Missi on, als auserwähltes Land die eigene Vorstellung von Frieden und Demokratie zu exportieren.

Innenpolitisch machte Bush klar, dass die bislang temporäre Steuersenkung permanent sein soll, er eine Privatisierung der Gesundheitsversorgung wünscht und er den umstrittenen „Patriot Act“, der als Anti-Terror-Maßname weitreichende Überwachung erlaubt, zu verlängern gedenkt. Die Opposition verweigerte weiten Teilen der Rede den Applaus. Viele demokratische Senatoren und Abgeordnete saßen mit versteinerter Miene im Publikum. Deutlicher hätte die tiefe Kluft zwischen beiden Parteien nicht sein können. Ihre Politikansätze liegen zum beginnenden Wahljahr weit auseinander. Wer den scharfen Reaktionen der Demokraten auf Bushs Rede zuhörte, hatte zuweilen das Gefühl, es mit Menschen aus einem anderen Land zu tun zu haben. Bush wird das vorerst wenig beeindrucken. Er sonnt sich in komfortablen Zustimmungsraten der Bevölkerung.