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Archiv-Artikel

Grenzen der Wirtschaft

Bei ihren Forderungen zur Stadtentwicklung definiert die Handelskammer „nachhaltige Entwicklung“ nach eigenem Gusto und vergisst dabei die Umwelt, meint der Zukunftsrat

Der Zukunftsrat hat der Handelskammer vorgeworfen, in ihrem Positionspapier zum Senatskonzept Wachsende Stadt hinter die Debatte über eine nachhaltige Entwicklung zurückzufallen. „Insgesamt drängt sich der Eindruck auf, dass das Wachstumsmodell der Handelskammer eher auf die kurzfristige Realisierung von ‚Wertschöpfungs-Potenzialen‘ ausgerichtet ist als auf einen verantwortlichen Beitrag zu einer langfristigen und global nachhaltigen Entwicklung“, resümiert der Rat. Den Vorschlag der Handelskammer, ein ‚Zukunftsforum Hamburg‘ einzurichten, um wirtschaftliche und gesellschaftliche Fragen außerhalb der Fachöffentlichkeit zu diskutieren, begrüße er jedoch.

Im Zukunftsrat sind rund 100 Organisationen, Initiativen, Kammern und Firmen vertreten, die sich für eine „nachhaltige“ Entwicklung im Sinne der Agenda 21 der Konferenz von Rio einsetzen. In der Handelskammer sind alle Unternehmen zwangsweise Mitglied, sofern es sich nicht um Handwerksbetriebe handelt. Im November 2003 hat sie ein Standpunkt-Papier vorgelegt, mit dem sie Hamburg zu einer „Metropole der Dynamik“ machen will, und dabei das Senatsleitbild radikalisiert.

Statt der drei Säulen eines nachhaltigen Wachstums, wie sie sich nach der Rio-Konferenz herausgebildet haben – Wirtschaft, Umwelt, Soziales –, fordert die Handelskammer ein „nachhaltiges“ Wachstum von Bevölkerung, Wertschöpfung und Lebensqualiät. Im Hauptteil des Positionspapiers spielten Umwelt und Natur „nur noch als Investitionshemmnis“ eine Rolle, kritisiert der Zukunftsrat. So will die Kammer die Baumschutzverordnung entschärfen. Metropolen sollen Eingriffe in die Natur nur noch zur Hälfe ausgleichen müssen, Grünflächen sollen bebaut und die Umweltbehörde aufgelöst werden.

Zukünftige Entwicklungen prognostiziere die Kammer, wie es ihr passt. Während sie davon ausgehe, den demographischen Trend umdrehen zu können, nehme sie den zunehmenden Flächenverbrauch oder wachsenden Autovekehr als schicksalhafte Tatsachen hin. Den durchschnittlichen Flächenverbrauch der Jahre 1996 bis 2001 will die Kammer vervier- bis verfünffachen. Gernot Knödler