: Die Buster Keaton
Aki Kaurismäkis Muse Kati Outinen erhielt gestern den 6. Bremer Filmpreis / Ein Gespräch
Während des Interviews lächelt sie mehr als in all ihren Szenen der Kaurismäki-Filmen zusammen. Und so einsilbig wie dort ist sie auch nicht. Man sollte sich also davor hüten, die Kati Outinen, die man als das „Mädchen aus der Streichholzfabrik“ kennt, mit der realen Schauspielerin zu verwechseln. Sie wirkt zurückhaltend und sagt von sich selbst, sie sei schüchtern. Aber das wären ja alle Finnen. „Wenn bei uns einer, ohne Alkohol zu trinken, wirklich mal ein Gefühl ausdrückt, ist das schon eine große Sache.“
Aki Kaurismäki hat Outinen 1986 für „Schatten im Paradies“ entdeckt. Er erkannte in ihr eine Seelenverwandte und besetzt sie seitdem in fast all seinen Filmen. 1989 schrieb er ihr die Titelrolle von „Das Mädchen aus der Streichholzfabrik“ auf den Leib. Die proletarische Leidensgeschichte hätte so leicht pathetisch und deprimierend wirken können, wenn da nicht Kaurismäkis lakonische Tristesse gewesen wäre, die Outinen so genau auf den Punkt bringt – wie sonst nur der leider zu früh verstorbene Matti Pellonpää.
Dabei scheint Outinen vor der Kamera kaum etwas zu machen. Dennoch wirkt sie in ihrer nordischen Lethargie erstaunlich lebendig und wahrhaftig. Am ehesten kann man ihren minimalistischen Stil vielleicht mit „Stoneface“ Buster Keaton vergleichen. Sie selber sagt dazu: „Aki und ich mögen die Stummfilme tatsächlich sehr. Damals wussten noch alle Schauspieler, dass es nicht darauf ankam, selber auf der Leinwand zu lachen und zu weinen, sondern das Publikum zum Weinen und Lachen zu bringen.“ Dabei ist Kaurismäkis Humor oft so lakonisch und schwarz, dass man ihn kaum erkennt. Gerade Kati wirkt in seinen Filmen immer todernst. „Aber das ist ja der Witz“, sagt sie. Die Filmfiguren seien solch traurige und elende Gestalten, dass Lachen wie eine Beleidigung wirken könnte.
Wenn Kati Outinen jetzt von den drei Juroren Katja Nicodemus, Christiane Peitz und Reinhard Hauff der Preis „für langjährige Dienste um den europäischen Film“ zuerkannt wird, dann bedeutet dies was anderes als bei den vorherigen Preisträgern – wie Bruno Ganz, Agnés Varda oder Marcel Ophuls. Denn die Schauspielerin hat fast nur in ihrem Heimatland die Filme gedreht, von denen außerhalb Finnlands ausschließlich die Werke von Kaurismäki gezeigt wurden. Wobei diese an den finnischen Kinokassen längst nicht so erfolgreich sind wie etwa in Deutschland und Frankreich. Outinen: „In den achtziger Jahren gab es sogar mal eine Initiative von Diplomaten und Politikern, die verhindern wollten, dass Aki für seine Filme Fördergelder bekam, weil sie meinten, er würde ein schlechtes Bild von den Finnen zeichnen.“
Wie die Finnin ihre Antiheldinnen spielt, so ist sie auch ein Antistar. „Ich schau mir meine Filme nur selten an, weil mir die Arbeit daran wichtiger ist als das Ergebnis.“ Als Outinen für den „Mann ohne Vergangenheit“ 2002 in Cannes die silberne Palme als beste Schauspielerin erhielt, kam es ihr aber „wie ein Märchen“ vor. Fremde Menschen umarmten sie in U-Bahnstationen. „Monate lang beachteten mich alle, dann merkten sie, dass ich mich nicht verändert hatte, und alles wurde wieder normal.“
Auf die Frage, was nach dem Cannes-Triumph ein von der Bremer Sparkasse gestifteter und mit 8.000 Euro dotierter Filmpreis noch bedeuten könnte, antwortete Outinen mit trockenem Humor: „Da bekam ich nur eine Statue, hier gibt es einen Scheck.“ Wilfried Hippen
Kommende Woche zeigt das Kino 46 Filme mit Kati Outinen. Programm unter www.Kino46.de