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Archiv-Artikel

Werben für Zypern-Plan

Bei seinem Türkei-Besuch setzt sich Außenminister Joschka Fischer für eine Lösung des Zypern-Problems ein. Ankara ist willig, doch das Militär mauert

AUS ISTANBUL J. GOTTSCHLICH

„Ich hoffe, ich wünsche mir sehr, dass es bis zum 1. Mai zu einer politischen Lösung auf Zypern kommt“, sagte Außenminister Joschka Fischer zum Abschluss seines Türkei-Besuches gestern Mittag. Auch wenn es bei der Reise von Fischer nach Ankara formal darum ging, den Türkei-Besuch von Kanzler Gerhard Schröder im kommenden Monat vorzubereiten, stand im Mittelpunkt der Gespräche mit dem türkischen Ministerpräsidenten Erdogan und Außenminister Gül doch die Lage auf Zypern.

Sowohl der UN-Generalsekretär wie auch die EU und die USA drängen darauf, dass die türkische Seite als Grundlage der Gespräche den Annan-Plan, der eine Kantonslösung vorsieht, akzeptiert. Obwohl Gül nach seinem Treffen mit Fischer versicherte, Ankara akzeptiere den Plan als Gesprächsgrundlage, ist klar, dass dies nicht für alle Beteiligten auf türkischer und türkisch-zypriotischer Seite gilt. Heute trifft sich in Ankara der Nationale Sicherheitsrat, wo die Militärs ihre Vorbehalte deutlich machen werden.

Am Wochenende hatte ein hoher General die Anhänger des Annan-Plans als „Verräter“ bezeichnet. Wegen dieser Ablehnung des Plans durch einen Teil des türkischen Establishments erhöht die EU den Druck. Die Botschaft des EU-Kommissionspräsidenten in der letzten Woche war, der Beginn von Beitrittsgesprächen mit der Türkei sei möglich, wenn Ankara einem Kompromiss auf Zypern zustimmt. Das sieht Fischer genauso. In einem Stern-Interview betonte er, wie sehr eine Integration der Türkei in die EU die Sicherheit Europas verbessern würde.

Sowohl Fischer wie Schröder sind von der Reformpolitik der türkischen Regierung beeindruckt. Doch im Zypern-Konflikt droht eine Sackgasse. Während die EU sagt: löst den Konflikt und zieht eure Truppen aus Nordzypern ab, dann könnt ihr Ende 2004 mit einem positiven Bescheid für Beitrittsgespräche rechnen, argumentieren Erdogan und Gül genau andersherum. Wenn ihr uns den Beginn von Beitrittsgesprächen garantiert, können wir den Widerstand im Militär und anderen gesellschaftlichen Bereichen brechen.

Ein Ausweg aus dem Dilemma ist schwer vorstellbar. Selbst wenn einige EU-Länder bereit währen, Erdogan entgegenzukommen, wird Griechenland auf keinen Fall mitziehen. Im derzeitigen Parlamentswahlkampf in Athen betonen Sozialisten wie Konservative, ein Abzug der türkischen Truppen von Zypern und eine politische Verständigung sei absolute Voraussetzung für Beitrittsgespräche mit der Türkei. Das Festhalten der Türkei an Rauf Denktasch als Verhandlungsführer und der Verweis auf die Existenz zweier Staaten stimmt nicht sehr hoffnungsvoll für die kommenden Monate.