Einblick (265)

Judith Hopf, Künstlerin

taz: Welche Ausstellung in Berlin hat Sie/dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?Judith Hopf: Die Eröffnungsausstellung bei Cinzia Friedländer mit Werken von Chris Kraus hat mich sehr beeindruckt. Ich verbinde viel mit dem Diskurs von Chris Kraus und ihrem intelektuellen Umfeld. Ein Diskurs, der in den 80ern beginnt und, so wie ich ihn verstehe, kein Intresse hat, die bestehenden Machtverhältnisse zu stabilisieren, sondern im Gegenteil an ihren veränderbaren Stellen forscht. Mich interessiert die Schnittstelle zwischen Literatur, wilden Video- und 16-mm-Filmen und ich mag die „fehlerhaften“ oder unperfekten ästhetischen Resultate. Es hat mich ermutigt, dass sich hier die ästhetische Debatte nicht ausschließlich auf die schöne Welt der Dinge und ihren monetär privilegierten Unterstützerkreis beschränkt, und ich finde es toll, wenn ein gesellschaftliches Gespräch in künstlerischen Arbeiten durchdringt, das weniger nach Schule, dafür aber nach Aufregung klingt.

Welches Konzert oder welchen Klub können Sie/kannst du empfehlen? Die Performance von Peaches auf der ABC-Messe hat mich begeistert – Peaches entwickelte hierfür eine Art Karaoke-Show, sang herzereißende Gassenhauer so gekonnt und leidenschaftlich, dass man sich ein weiteres Mal darüber wundern durfte, wozu Musikerinnen überhaupt in der Lage sind! Toll! Das ließ mich sogar meine Pop-Schlappe vergessen, durch die ich gerade durchmuss, wie durch so ein tiefes Tal. Natürlich bin ich auch Fan von der Tanz- und Kleidungsperformance, die Peaches entwickelt und so überraschend einsetzt. Neben ihrem großen musikalischen Können erlebe ich sie auch gerade wegen ihrer Performances als unnachahmbare Künstlerin. Die nicht ganz so leichte Aufgabe, bei einem Galerienevent dieser Façon überhaupt eine Verbindung zum bekanntermaßen nicht gerade euphorischen Publikum aufzubauen, meisterte sie mit links und blieb darüber hinaus die Diva.

Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet Sie/dich durch den Alltag?Megan Sullivans und Francesca Lacantenas Kunstmagazine Matt seien hier zu erwähnen, ein ganz bezauberndes und besonderes Magazinprojekt, dessen vierte und leider letzte Ausgabe vor einiger Zeit erschienen ist. Dann liegt hier noch Machiavelli, Ursula Leguines „Der Planet der Habenichtse“ und Hannah Arendts „Was ist Autorität“ rum. Da möchte ich aber jetzt gar nichts weiter zu sagen …

Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht Ihnen/dir momentan am meisten Freude? Ich würde mir wünschen, dass die tollen Farben, die die Herbstblätter haben, noch etwas länger so shiny sein könnten – aber den dicken Nebel, der abends gerade von der Spree, ganz im Stile Londons in die Schlesische Straße kriecht, der amüsiert und verwundert mich auch sehr.