: Alte Krieger sind müde
Moderne Soldateska im Düsseldorfer FFT. Die Texte über heimkehrende Kämpfer wurden zwangsinszeniert
Schmerzhaft lauter Kriegslärm in einer Duschkabine. Fünf Bodybuilder-Hantelbänke als verschiebbare Requisiten. Murmeln als blaue Bohnen und Zigaretten als Zinnsoldaten. Hans Werner Kroesinger inszeniert am Forum Freies Theater in Düsseldorf von ihm selbst zusammengestellte Texte über heimkehrende Soldaten und das Kriegshandwerk an sich.
„Coming Home“ ist eine Lehrstunde für Nichtinformierte. Breit werden die aktuellen Schweinereien der Soldaten zwischen Desert-Storm, Bosnienkrieg und Irakbefreiung thematisiert. Zusätzlich lernen die Zuschauer etwas über Waffenkunde, Ausbildung und Kriegsstrategie. Auch, dass bei der Schlacht von Gettysburg, wo Nord- und Südstaatler aufeinandertrafen, hinterher 27.574 Musketen gefunden wurden. Fast 90 Prozent waren noch geladen. Die Soldaten hatten ihre Gewehre nicht abgeschossen, nur unter Beobachtung der Offiziere wiederholt geladen. Im 2. Weltkrieg schossen nur circa 20 Prozent aller amerikanischer Soldaten auf den Feind. Das hat die glorreiche U.S- Armee aber in den Griff bekommen. In Korea waren bereits 55 Prozent Killermaschinen, in Vietnam bereits 95 Prozent. Kroesinger bringt das höchst wissenschaftlich und kommentarlos auf die Bühne, die Texte wirken zwangsinszeniert. Die Choreografie der Inszenierung beschränkt sich auf Platzwechsel der fünf guten Schauspieler und ein bischen Geschiebe der Hantelbänke. Wirklich interessant und theatralisch wird es, wenn Armin Dallapiccola monoton den Abschiedsbrief eines Ex-Konditionierten rezitiert oder die eingeflochtenen Texte von Dea Loher zum letzten Marsch von allen auf der Bühne erspielt werden. Dann werden die Hantelbänke wechselseitig zum Schlafsaal oder zum Aufenthaltsraum der Rekruten, die ihre Angst kaum verbergen können. Aber sie wurden zu Kampfmaschinen ausgebildet: „Achte auf deinen Kopf, dein Kopf gehört nicht dir, sondern dem Militär“. Der Rest natürlich auch.
Viele der heimkehrenden amerikanischen Soldaten sind wegen dieser Tötungskonditionierung psychische Wracks, werden entweder Serienkiller oder Außenminister. Diese Entwicklung steigt an. Hier hätte die sehenswerte Stückidee noch mehr leisten können, hätten dramaturgische Szenen mehr erreicht. Bei „Suicid Bombers on Air“, der letzten Arbeit von Kroesinger, wurde das besser umgesetzt.
PETER ORTMANN
20:00 Uhr, FFT (JUTA)Karten: 0211-8767870