: Die zwei Seiten des Mietspiegels
Mieterverein steigt aus Verhandlungen über neuen Mietspiegel aus, weil Bausenator Spielräume für Mieterhöhung erlaubt. Strieder weist die Kritik zurück. Nur durch realitätsnahe Zahlen würde das Zahlenwerk vor Gericht bestehen
Jahrelang haben sie an einem Strang gezogen, nun geht es auseinander. Bei der Erstellung des Mietspiegels für 2003 haben sich Senat, Vermieter und Mieterorganisationen auf keine einheitliche Linie einigen können. „Die Mietspiegelverhandlungen“, teilte gestern der Berliner Mieterverein mit, seien deshalb „geplatzt“.
Grund ist eine neue Bemessungsgrundlage der Mietspiegelwerte, die die Vermieterorganisationen vorgeschlagen hatten und denen sich auch Bausenator Peter Strieder (SPD) angeschlossen hatte. Wurde innerhalb der im Mietspiegel angegebenen Spannen bislang ein Sechstel des obersten und ein Sechstel der niedrigsten Quadratmetermiete abgezogen, um die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln, sollen es künftig nur noch jeweils ein Zehntel sein. Diese „Spannenausweitung“, fürchtet nun Mietervereinschef Hartmann Vetter, ermögliche den Eigentümern zusätzliche Spielräume für Mieterhöhungen. Diese lägen bei bis zu 0,93 Euro pro Quadratmeter im Westteil und bis zu 1,37 Euro im Ostteil der Stadt.
Stimmt nicht, hieß es dagegen aus dem Hause von Bausenator Peter Strieder. Nicht um einen Spielraum für neue Mieterhöhungen sei es in den Beratungen gegangen, sondern um die „größtmögliche Rechtssicherheit“. Die „realitätsnahe Abbildung der Mietpreise“ sichere, dass der Mietspiegel auch vor Gericht Bestand habe.
Gleichwohl räumte Bausenator Strieder auch ein, dass Mieterhöhungen im Bereich des Möglichen liegen. Durch den Wegfall der öffentlichen Förderung bei der Wohnungssanierung seien private Eigentümer in der Vergangenheit diejenigen gewesen, auf denen die Sanierung der Wohnungen lastete. Diese Wohnwerterhöhungen, so Strieder, müssten sich nun auch in Form höherer Mieten im Mietspiegel niederschlagen. Im Übrigen könnten die Eigentümer bei einem Wohnungsleerstand von 100.000 Wohnungen Mieterhöhungen nicht ohne weiteres durchsetzen.
„Strieder tut immer so, als ob alle, die eine neue Wohnung suchen, automatisch auch die Mieten dafür zahlen könnten“, widerspricht die grüne Wohnungspolitikerin Barbara Oesterheld. „Alle reden über Nullrunden im öffentlichen Dienst, aber die Mieten sollen steigen dürfen.“ Oesterheld bezeichnet daher den neuen Mietspiegel als „ärgerlich und unsozial“. Wie auch der Mieterverein glaubt Oesterheld, dass nach dem Ende der Anschlussförderung die Eigentümer nun in die Lage versetzt werden sollten, die Mieten zu erhöhen. WERA