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Archiv-Artikel

FÖRDERWAHNSINN

Aus mit dem Spaß

Spaßbäder heißen „Waikiki“, „Acapulco“ oder „Maya Mare“. Sie haben riesige bunte Rutschen, Whirlpools und Saunalandschaften. Und kaum irgendwo stehen so viele von ihnen wie in den neuen Bundesländern. Viel zu viele. Die Bäder machen sich gegenseitig Konkurrenz, und so vergnügen sich dort weit weniger Besucher als für einen rentablen Betrieb notwendig. Die meisten Badetempel stehen heute als Zeugen des Förderwahnsinns während der Goldgräberjahre der Wendezeit in den abgelegensten Regionen Ostdeutschlands. Und reißen immer tiefere Löcher in die Kassen der Kommunen, weshalb in Thüringen nun neuer Streit über das Schicksal der verwaisten Freizeitbauten droht.

 Vor allem die Regionen, in denen nach 1990 die Wirtschaft weitgehend zusammenbrach, sahen ihre einzige Chance im Tourismus. Die Bürgermeister ließen sich von den Anlauferfolgen anderer Spaßbäder und von astronomischen Fördergeldern locken. Bis zu 80 Prozent der Investitionen wurden von Bund, Land und EU bezuschusst. Nicht nur aus Wohltätigkeit oder Unwissenheit, wie manche glauben. Die Bäder seien für die Landesregierungen auch ein willkommenes Ziel für überzählige Subventionsmillionen gewesen, kritisiert Volkmar Bauer von der thüringischen SPD-Fraktion. Schließlich sei jedes Land bestrebt gewesen, die Fördergelder komplett zu verwenden, um im Folgejahr wieder Mittel in der gleichen Höhe zu erhalten. „Thüringen hat sich bei der Wirtschaftsförderung ganz besonders hervorgetan“, sagt Michael Weilandt vom Bundesfachverband Öffentliche Bäder (BOEB). „Die Spaßbaddichte dort ist extrem hoch.“

 Auch Sachsen war der Spaßbad-Manie der 90er verfallen. Insgesamt wurden rund 200 Millionen Euro in Sachsens Bäder investiert, drei Viertel der Summe kamen aus Fördermitteln. Erst 1996 verfügte der damalige Finanzminister Georg Milbradt (CDU), dass kein Spaßbadbau mehr unterstützt werden dürfe. Zurzeit arbeitet die Landesregierung an einem Bäderkonzept. Darin sollen nun Standards wie unabhängige Gutachten und Mindestabstände festgeschrieben werden.„Das Land hat die Fördermittel gegeben und ist nun in der Verantwortung“, sagt Volkmar Bauer. Seine SPD-Fraktion will per Anfrage im Landtag erfahren, was das Land für die Bäder zu tun gedenkt. DPA