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Archiv-Artikel

DIE EU-PARLAMENTARIER KNEIFEN, STATT MISSWIRTSCHAFT AUFZUKLÄREN Teure Rücksichtnahmen

Die EU-Kommission ist keine richtige Regierung, sondern hat nur eingeschränkte Möglichkeiten. Das bedeutet aber nicht, dass sich das EU-Parlament deshalb nicht so verhalten darf, wie es Parlamente normalerweise tun. Die Budgetkommissarin Schreyer feuert eine Mitarbeiterin, weil ihr deren Kritik nicht passt? Natürlich muss ein parlamentarischer Haushaltskontrollausschuss die Betroffene anhören.

Der Rechnungshof stellt Jahr für Jahr fest, wie anfällig für Misswirtschaft, Fehlbuchungen und sogar Betrug das Buchhaltungssystem der Kommission ist? Natürlich muss der Ausschuss die verantwortliche Kommissarin jährlich aufs Neue mit diesem Vorwurf konfrontieren. Er darf sich nicht mit der Ausrede des für die Kommissionsreform zuständigen Kommissars Neil Kinnock zufrieden geben, die Reform verlaufe schleppender als geplant, weil alles schwieriger sei als gedacht. Und das Parlament muss natürlich einen Untersuchungsausschuss einsetzen, wenn Außenkommissar Chris Patten nicht detailliert belegen kann, was mit den Pauschalzahlungen der Kommission an die Palästinensische Autonomiebehörde passiert.

Die drei Beispiele betreffen Kommissare aus drei verschiedenen politischen Lagern. Kinnock ist ein Labour-Mann, Schreyer eine Grüne, Patten gehört den Konservativen an. Doch der Mechanismus, der dazu führt, dass das Parlament seine Kontrollaufgabe nicht wahrnimmt, ist immer der gleiche: Die jeweilige politische Familie im Parlament bleibt passiv, um den eigenen Mann oder die eigene Frau in der Kommission nicht zu beschädigen.

Solange das Parlament diese Rücksichten nicht ablegt, wird es im Kräftedreieck mit Kommission und Rat keine Rolle spielen. Nur weil die britischen Konservativen mit diebischer Freude die Fehler der deutschen Grünen und des britischen Sozialisten aufdecken, dürfen Grüne und Sozialisten über ihre Parteifreunde in der Kommission nicht schweigen. Die britische Presse erzählt ihren Lesern gerade das: In Brüssel würde gemauschelt, vertuscht, geschlampt und zu wenig kontrolliert. Nur wenn das Parlament seine Arbeit ordentlich macht, straft es diese Antieuropäer Lügen.

DANIELA WEINGÄRTNER