: Warten, bis es einschlägt
In Garzau bei Strausberg kann auf der einzigen kommerziellen Paintball-Anlage mit Farbbeuteln auf Menschen geschossen werden. Das sei auch nicht viel anders als Bowling, meinen die Betreiber. Ein verpönter Sport kämpft um Anerkennung
AUS GARZAUANDREAS RÜTTENAUER
Es gibt Gegenden auf dieser Erde, da gilt ein Spiel namens Paintball als relativ normale Freizeitbeschäftigung. David Beckham hat es gespielt, Prinz Charles und seine Söhne auch, und Enterprise-Star William Shatner spielt es regelmäßig. Erwachsene Männer schießen mit gewehrähnlichen, so genannten Markierungsgeräten auf andere erwachsene Männer. Auf abgesteckten Spielfeldern treten zwei Mannschaften gegeneinander an, ballern und versuchen dem gegnerischen Team die Flagge zu entreißen. Wer vom Farbbeutel getroffen wird, muss ausscheiden. Es gibt etwa 50.000 Spieler in Deutschland. Doch der Sport ist verpönt. Dass hierzulande ein Prominenter als Paintballer posieren könnte, ist nahezu unvorstellbar.
„Das ist das typisch deutsche Problem mit der Schießerei“, meint dazu Thomas Rahmig, Angestellter der Firma Outdoor-Sports, die in Garzau bei Strausberg die erste kommerzielle Paintball-Anlage in Deutschland betreibt. Er weiß um den schlechten Ruf und kann nur den Kopf schütteln über ein Land, „in dem alles, was mit Schießen zu tun hat, in die rechte Ecke geschoben wird“. Seit sieben Jahren gibt es die Anlage. Rahmig gehört seit gut zwei Jahren dazu. Er kann sich an keinen einzigen Zwischenfall erinnern, in dem es nötig gewesen wäre, einzugreifen. Keine anstößigen Symbole, keine verbotenen Parolen.
Normalerweise wird Paintball in Deutschland in kleinem Rahmen gespielt. Vereine gründen sich, gespielt wird auf Privatgrundstücken. Die Vorschriften des Waffengesetzes, nach denen es äußerst aufwändig ist, die als Waffen eingestuften Markierungsgeräte zu verleihen, machen das Betreiben eines Paintball-Areals für jedermann zu einem schwierigen Unterfangen.
In Garzau hat man sich der Aufgabe gestellt und präsentiert sich nun als Dienstleistungsunternehmen. „Das ist auch nicht viel anders als eine Bowlingbahn“, meint Rahmig. Die Anlage auf einem ehemaligen NVA-Gelände hat Spielfelder. Besonders beliebt sind die Waldspielfelder. Hinter Holzstapeln, kleinen Gruben und natürlich den Bäumen können die Spieler in Deckung gehen, „ideal für das Kind im Manne“, wie Rahmig meint. Daneben gibt es die „Hyperballfelder“ mit Deckungsaufbauten aus Kunststoffröhren und Platten. Auf solchen Feldern finden auch die Wettkämpfe statt.
Mittlerweile gibt es auch in Deutschland einen leidlich funktionierenden Spielbetrieb. In Garzau fanden vor zwei Jahren die Deutschen Meisterschaften statt. Doch den Betreibern geht es vor allem um die Freizeitspieler. Die kommen zum überwiegenden Teil aus Berlin. Dort sind Paintball-Anlagen nicht erwünscht. Bemühungen, ein Indoorfield zu eröffnen, scheiterten kürzlich am Einspruch des Senats. Rahmig wird wohl weiterhin auf die Kunden aus der Hauptstadt zählen können.
Die lassen sich auch von den hohen Gebühren nicht abschrecken. Wer keine eigene Ausrüstung hat, zahlt inklusive Schutzmaske, Markierungsgerät und Munition knapp 45 Euro pro Spieltag. Der Preis sei, so Geländewart Rahmig, mitverantwortlich dafür, dass jugendliche Wehrsportfanatiker auf dem Gelände nicht anzutreffen seien. Der Großteil der Stammkunden sei über 30, nicht wenige seien „Akademiker mit Leitungs- und Führungsfunktionen“. Auch viele Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, „auf Deutsch: Uniformträger“, spielen regelmäßig. Die geben sich mit der Farbbeutelwaffe einen Adrenalinkick, den Rahmig so beschreibt: „Das sollte jeder mal erleben, das Gefühl: Man sitzt in der Deckung und hört, wie es einschlägt. Das ist unbeschreiblich.“
Rahmig glaubt an Paintball. Die Sportart, die früher als Gotcha bekannt war, werde immer moderner und damit populärer. Tarnanzüge und Uniformjacken seien kaum noch anzutreffen. Es gebe eine „No-Camo-Bewegung“, die sich für möglichst zivile Kleiderordnung einsetze. In der Tat sieht ein Paintballspieler, der seine Klamotten aus den einschlägigen Katalogen bezieht, eher wie ein Motocross-Fahrer aus. William Shatner/Kirk wirbt auf seiner Homepage übrigens für ein Paintballmovie mit sich selbst in der Hauptrolle und zeigt, dass ein Farbbeutelschütze auch aussehen kann wie der Kapitän der Enterprise.