: Achse der Kerzen
Breites Bündnis plant für Samstag eine 35 Kilometer lange Lichterkette durch Berlin. Gewerkschaften fordern zu 10-Minuten-Protest in Büros, Behörden und Schulen auf
Für die kommenden Tage haben verschiedene Bündnisse in Berlin weitere Demonstrationen gegen einen drohenden Irakkrieg geplant. So forderte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gestern von Bildungssenator Klaus Böger (SPD), die Schulen in den Protest einzubinden und den Aufruf des Europäischen und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zu unterstützen. Unter dem Motto „10 Minuten gegen den drohenden Irakkrieg“ haben die Gewerkschaften die Beschäftigten von Betrieben und Verwaltungen in Europa aufgerufen, am Freitag von 11.50 bis 12 Uhr zu protestieren. Zudem solle das Thema vertieft im Unterricht behandelt werden, so die GEW. Auf Nachfrage hieß es gestern in der Bildungsverwaltung, Böger werde eine Teilnahme an der Aktion nicht verbieten.
Für Sonnabend plant einBündnis aus Kirchen, Gewerkschaften, Landesschülervertretung, zahlreichen Friedensgruppen, SPD, PDS und Grünen zudem eine 35 Kilometer lange Lichterkette von Ost- nach Westberlin. Insgesamt soll sie von Hellersdorf bis Spandau reichen. Die Veranstalter gehen davon aus, dass jeder Kerzenhalter anderthalb Meter Platz beansprucht und hoffen deshalb auf mindestens 23.333 Teilnehmer. Peter Kranz, evangelischer Pfarrer in Spandau und Mitinitiator der Aktion, betonte gestern, dass es bei der Auseinandersetzung um Krieg und Frieden auch um eine Auseinandersetzung mit Bildern in den Medien gehe. „Lichterketten haben zudem eine gute Tradition und einen guten Ruf in den Vereinigten Staaten“, sagte er. Die Ost-West-Achse sei früher eine Kriegsachse gewesen, erläuterte Kranz die Ortswahl. Im Zentrum der Kette, vor der Amerikanischen Botschaft, plane man den Schriftzug „No War“ aus Lichtträgern zu bilden. Ab 19 Uhr wolle man sich an den verschiedenen Treffpunkten versammeln, eine Stunde später solle die Kette für 15 Minuten leuchten.
Die BVG hat laut Kranz angekündigt, den Busverkehr während dieses Zeitraums in den betroffenen Abschnitten einzustellen. Autofahrer werden von den Veranstaltern aufgefordert, lieber eine Kerze im Wagen zu haben und mitzumachen, falls sie nicht mehr weiterkommen.
Während nach den weltweiten Demonstrationen am 15. Februar vielerorts von einem breiten gesellschaftlichen Bündnis die Rede war, scheint das Friedenslager doch linkslastiger zu sein als angenommen. Das behauptet zumindest das Wissenschaftszentrum Berlin. Bei einer Umfrage unter den Demonstranten in der Hauptstadt stuften sich 83 Prozent selbst als links ein. Bei der so genannten Sonntagsfrage ergab sich, dass nur 1,7 Prozent der Demonstranten der Union, aber 53 Prozent den Grünen ihre Stimme geben würden.
IMKE ROSEBROCK