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Archiv-Artikel

ABC-Waffen-Suche verläuft im irakischen Sand

US-Außenminister hat erstmals öffentlich die Existenz von Massenvernichtungswaffen im Irak bezweifelt

TIFLIS/BAGDAD afp/rtr/taz■ US-Außenminister Colin Powell hat erstmals öffentlich eingestanden, dass der Irak vor dem Krieg möglicherweise keine Massenvernichtungswaffen besessen hat. „Es ist eine offene Frage, wie groß die Bestände waren und – falls sie welche hatten – wohin diese verschwunden sind“, sagte Powell am Samstag. Falls es keine irakischen Massenvernichtungswaffen gegeben habe, stelle sich die Frage, warum die USA dies nicht früher gewusst hätten.

Powell betonte, die Geheimdiensterkenntnisse seien im Hinblick auf „die Absichten“ der damaligen irakischen Regierung korrekt gewesen. Was die Absicht, die Programme und die Möglichkeiten der Entwicklung von Waffen betreffe, seien die Analysen richtig gewesen. Powell reagierte mit diesen Äußerungen auf den Rücktritt des Chefs der US-Waffeninspektoren in Irak, David Kay. Nach Angaben der britischen Presse sagte Kay, Irak habe seiner Auffassung nach zu Kriegsbeginn keine ABC-Waffen gehabt und in den 90er-Jahren auch keine großen Produktionsprogramme aufgelegt.

Die in dieser Frage zunehmend unter Druck geratene britische Regierung betonte dagegen, die Suche nach Massenvernichtungswaffen sei noch nicht beendet. Dem britischen Premierminister Tony Blair steht eine überaus schwierige Woche bevor. Zunächst muss er heute die Abstimmung über Studiengebühren überstehen. Am Dienstag werden die Ergebnisse der Untersuchung zum Tod des Waffenexperten David Kelly vorgestellt. Blair gab sich vor der in der Boulevardpresse als sein persönliches „High Noon“ apostrophierten Veröffentlichung des Berichts zuversichtlich. Auf die Frage einer Zeitung, ob er auch noch in einer Woche an der Spitze des Landes stehen werde, sagte Blair: „Ich bin fest dazu entschlossen, ja.“

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