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Olemeister verspricht Kita-Plätzchen

Senat schießt noch mal 40 Millionen Euro ins Kita-Gutscheinsystem. Ab April sollen alle berufstätigen Eltern von drei- bis sechsjährigen Kindern einen Gutschein bekommen, Krippenkinder aber nicht. Opposition nennt die Finanzierung unseriös

von KAIJA KUTTER

Fünf Wochen vor der Wahl ist Kita-Politik in Hamburg Chefsache geworden. Bürgermeister Ole von Beust (CDU) verkündete gestern den Senatsbeschluss, den Kita-Etat für das Jahr 2004 nochmals um 40 Millionen Euro zu erhöhen. Davon sollen zum 1. April erstmals jene 6.000 bis 7.000 berufstätigen Eltern Gutscheine bekommen, die seit August unversorgt blieben – allerdings nur, wenn ihre Kinder drei Jahre alt sind (siehe Kasten).

Finanziert werde dieser dritte Nachtragshaushalt für das Kita-System durch „Veräußerungserlöse der Finanzbehörde“, erklärte Bildungssenator Reinhard Soltau (FDP) und versprach, dass dieser nun auf 316 Millionen Euro erhöhte Etat für 2004 reiche.

Er wolle nicht verhehlen, dass bei der Kita-Politik „nicht alles gelungen“ sei, räumte von Beust ein: „Die Verantwortung dafür trage auch ich.“ Er sei deshalb Bildungssenator Soltau „dankbar“, dass dieser sich nun daran gemacht habe, „die Fehler auszubügeln“. Doch wer Soltaus jüngste Ankündigungen noch im Ohr hat, dürfte enttäuscht sein. So wird weder bei der Sprachförderung für Migrantenkinder nachgebessert, noch wird es in diesem Jahr die fünfte Stunde für die Rechtsanspruchsplätze der Drei- bis Sechsjährigen geben.

Soltau erklärte, man werde weitere Beschlüsse fassen, wenn die „Endergebnisse“ der Lenkungsgruppe vorlägen. Wann, konnte er nicht sagen. Die 40 Millionen Euro seien auf Basis von „Zwischenergebnissen“ bewilligt worden, die Ende Januar publik würden.

Wie berichtet, hat der Senat hier unter Zeitdruck gehandelt, weil er seinen Antrag noch zur Bürgerschaftssitzung vom 11. Februar einreichen muss. Dort wird er vermutlich eine Mehrheit erhalten, denn nach Einschätzung von Stephan Müller von der Partei Rechtsstaatlicher Offensive werden sowohl seine Fraktion als auch die abgespaltene Ronald-Schill-Fraktion dem Antrag zustimmen. Gleichwohl kritisiert Müller, dass die „Zwischenergebnisse“ der Lenkungsgruppe gestern nicht vorlagen: „Wir tragen dies jetzt mit. Aber wenn ein System, das nur 1.500 Plätze mehr bereitstellt, so viel mehr Geld braucht, ist da auch ein strukturelles Problem drin.“ So müssten die Pflegesätze für die Kita-Träger angesichts des erheblich gestiegenen Etats keinen „Risikoausgleich“ enthalten.

„Der Bürgermeister wirft zig Millionen in ein Fass ohne Boden“, kritisierte auch GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch. Sie erinnerte daran, dass Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) am Montag noch erklärt hatte, „er wisse nicht genug, um zusätzliche Gelder zu bewilligen“. Statt hier fünf Wochen vor der Wahl „oberflächlich und teuer“ die ärgsten Schäden zu reparieren, müsse der Senat die grundlegenden Planungsfehler beseitigen, so Goetsch.

„Vermögen kann man nur einmal verkaufen“, bemerkte auch Thomas Böwer (SPD) und wies alternativ noch einmal auf Bundesmittel für den Kita-Ausbau hin, die Hamburg bereits 2004 zur Verfügung stünden. Die SPD will diese Mittel nutzen und mit einem bis zu 75 Millionen Euro schweren Kita-Ausbauprogramm Eltern und Trägern wieder „Planungssicherheit“ verschaffen, dann aber auch mit den Trägern über neue Pflegesätze verhandeln. Der jetzige Nachtragshaushalt, so Böwer, sei eine „wahlkampftaktische Nebelkerze“, die nur wenigen Eltern helfe.

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